Vorlage - RAT/1438/2008  

 
 
Betreff: Antrag der Fraktion Bündinis 90 / Die Grünen vom 6. März 2007 zu energetischen Festsetzungen in Bebauungsplänen
Status:öffentlich  
Federführend:Umweltmanagement Beteiligt:Planungsamt
Bearbeiter/-in: Zemella, Brigitte   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr Vorberatung
20.10.2008 
32. Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Verkehr ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
AntragGrBauleit PDF-Dokument

Beschlussvorschlag:

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

Das weitere Beratungsergebnis bleibt abzuwarten.

Sachverhalt:

Sachverhalt:

 

1.      Vorbemerkungen

 

Beratungsfolge:

Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen hat die Beratung des Antrages vom 6. März 2007 zu energetischen Festsetzungen sowohl für den Umweltausschuss als auch für den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr beantragt.

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr hat den Antrag in seiner Sitzung am 23. April 2007 behandelt; er gilt als eingebracht.

Der Umweltausschuss hat sich mit dem Thema in seiner Sitzung am 23. August 2007 befasst (Siehe Vorlage RAT/1059/2007). Der Umweltausschuss hat in dieser Sitzung die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis genommen und beschlossen, die Beratung zunächst in den Fraktionen weiterzuführen.

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr wird nun in seiner Sitzung am 20. Oktober 2008 über den Antrag sowie die Ausführungen der Verwaltung beraten.

 

 

Beratungsinhalt:

Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen beantragt, für zukünftige Aufstellungen / Änderungen von Bebauungsplänen in den planungsrechtlichen Festsetzungen den schonenden Umgang mit Energie und den Einsatz erneuerbarer Energien (inkl. Geothermie) verbindlich festzuschreiben.

 

 

Aufzeigen rechtlicher Möglichkeiten:

Die Verwaltung stellt in dieser Sitzungsvorlage unterschiedliche Regelungsmöglichkeiten vor; es handelt sich dabei um eine Auflistung von möglichen, denkbaren Festsetzungen zum Erreichen von Klimaschutzzielen im Bauleitplanverfahren.

Das 2004 novellierte Baugesetzbuch enthält mehrere Ergänzungen, die sich auf die Berücksichtigung des allgemeinen Klimaschutzes und den Einsatz erneuerbarer Energien beziehen.

Es ist jedoch insbesondere bei den Bebauungsplänen umstritten, ob Festsetzungen allein mit dem allgemeinen Klimaschutz gerechtfertigt werden dürfen. Daraus ergeben sich rechtliche Unsicherheiten, die dazu geführt haben, dass die im BauGB 2004 neu eingeführten Festsetzungsmöglichkeiten in der Planungspraxis bisher nicht oder nur kaum angewendet worden sind.

Die dargestellten Festsetzungsmöglichkeiten werden deshalb durch den Stand der aktuellen rechtlichen Beurteilung ergänzt, soweit bekannt.

 

Die Politik entscheidet, ob, wie und in welchem Rahmen die Regelungsbefugnisse der Stadt Wermelskirchen für die Bauleitplanung nach Änderung des Baugesetzbuches wahrgenommen werden.

Diese Diskussion könnte in den Fraktionen, im Energiebeirat, im Arbeitskreis Stadtentwicklung und abschließend im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr erfolgen.

 

 

Gutachten: „Energieeffizienz und Solarenergienutzung in der Bauleitplanung“

Das Klima-Bündnis / Alianza del clima e.V. hat gemeinsam mit mehreren deutschen Städten ein Rechts- und Fachgutachten bei dem Energiebüro Ecofys (Köln) zur Energieeffizienz und Solarenergienutzung in der Bauleitplanung erstellen lassen.

Dr. Dagmar Everding, Prof. Dr. Alexander Schmidt und Gerd Apfelstedt haben das Gutachten unter Berücksichtigung der Baugesetzbuch-Novelle 2004 erarbeitet – die Zusammenfassung ist im März 2007 veröffentlicht worden.

 

Zur Beratung des vorliegenden Antrags stellt die Verwaltung stichpunktartig wesentliche Ergebnisse der Studie vor:

 

 

 

2.      Rechtliche Zulässigkeit von Festsetzungen in der Bauleitplanung

I.           Allgemein

In der Vergangenheit ist die Zulässigkeit von Regelungen, die auf den allgemeinen Klimaschutz zielen, für die Bauleitplanung überwiegend verneint worden. Das oben beschriebene Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Aufnahme des „allgemeinen Klimaschutzes“ und der Energieeffizienz in den Zielvorgaben des § 1 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe f BauGB 20041 die Gemeinden grundsätzlich die Befugnis erhalten haben, klimaschutzbezogene Regelungen zu treffen.

Die Gutachter weisen aber darauf hin, dass eine Klärung der umstrittenen Fragen durch die Rechtssprechung noch aussteht.

 

 

II.         Regelungsvoraussetzungen / Umsetzung von klimaschutzbezogenen Regelungen

 

Voraussetzung für die Festsetzungen ist einerseits die städtebauliche Erforderlichkeit, andererseits das Abwägungsgebot. Zudem dürfen nur die Festsetzungen getroffen werden, die § 9 Abs. 1 BauGB vorsieht.

 

 

III.       Abwägung - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

 

Klimaschutzbezogene Festsetzungen, die keine oder nur geringe Belastungen für die Grundstückseigentümer hervorrufen, dürften in aller Regel verhältnismäßig sein. Zum Beispiel die Sicherung der Möglichkeit zur Nutzung von Solaranlagen.

Für die Verpflichtung zur Installation solcher Anlagen ist zu prüfen, ob die entstehenden Kosten für die Grundstückseigentümer wirtschaftlich tragbar sind.

 

 

 

3.        Festsetzungsmöglichkeiten in der Bauleitplanung

 

A.      Flächennutzungsplan (FNP)

In Flächennutzungsplänen sind alle klimaschutzbezogenen Darstellungen zulässig, die in den daraus zu entwickelnden Bebauungsplänen umgesetzt werden können.

Umgekehrt sind die Beschränkungen bei den Festsetzungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen auch für die Flächennutzungsplanung bedeutsam.

Eine speziell auf den Klimaschutz ausgerichtete Darstellungsmöglichkeit beim FNP fehlt. Teilweise wird empfohlen, den Rahmen für die zukünftige Entwicklung auf dieser Planungsebene nur grob vorzugeben und auf eine detaillierte Darstellung zu verzichten.

 

 

B.     Bebauungsplan

Bebauungspläne schaffen einen verbindlichen Rahmen der baulichen und sonstigen Nutzung des Bodens in einer Kommune. Diese Pläne haben immer auch Einfluss auf den Energiebedarf der Gebäude und der gesamten Siedlung.

Bei der konkreten Ausformung ihrer Planvorstellungen für die Gestaltung der energetischen Verhältnisse haben sich die Kommunen an den vom Gesetzgeber des BauGB geschaffenen Rahmen zu halten.

Für die konkrete Umsetzung ihrer planerischen Vorstellungen städtebaulicher Art bedarf die Kommune über die allgemeinen Ziel- und Aufgabenzuweisungen des § 1 BauGB hinaus einer speziellen Rechtsgrundlage. Diese Funktion erfüllt nach Maßgabe des § 9 BauGB auf der Ebene der grundstückbezogenen Festlegungen der kommunale Bebauungsplan.

Für den Bebauungsplan ergeben sich folgende Ansatzpunkte für Festsetzungsmöglichkeiten2

    1. Stellung und Höhe von Gebäuden (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB 2004):

Die Gemeinde hat seit jeher die Möglichkeit, im Bebauungsplan unter anderem die Bauweise und die Stellung der Anlagen auf dem Grundstück festzusetzen. Sie kann von dieser Möglichkeit unter Bezugnahme auf die städtebaulichen Ziele des Klimaschutzes auch Gebrauch machen, um sicherzustellen, dass die Gebäude für eine passive Nutzung der Sonnenwärme oder für die Anbringung von Sonnenkollektoren günstig angeordnet und (z.B. hinsichtlich der Dachform) auf geeignete Weise gestaltet wird.

Diese Festsetzungen sind anerkannt und erprobt. Die Zulässigkeit dieser Festsetzungen ist im Wesentlichen unstrittig.

 

    1. Bauliche Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energien (§ 9, Abs. 1, Nr. 23, Buchstabe b BauGB)

In der juristischen Literatur wird es überwiegend für zulässig gehalten, auch die Installation von Solaranlagen oder von anderen Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien zu verlangen.

Eine praktische Erprobung solcher Festsetzungen steht noch aus und dabei wird insbesondere bei Solaranlagen die Verhältnismäßigkeit der damit verbundenen Kosten in die Abwägung einbezogen werden müssen.

 

    1. Wärmedämmung / effiziente Energienutzung (§ 9, Abs. 1, Nr. 24 BauGB) sowie
    2. Zielwerte für die CO2-Minderung (§ 9, Abs. 1 Nr., 23 Buchstabe b bzw. § 9, Abs. 1, Nr. 24 BauGB)

Fraglich ist, ob Festsetzungen zur Wärmedämmung an Gebäuden sowie Zielwerte für die CO2-Minderung in Bebauungsplänen zulässig sind.

Eine speziell dafür vorgesehene Festsetzungsmöglichkeit fehlt bisher. In Betracht kommt zwar die Anwendung von § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB 2004, denn es spricht einiges dafür, dass Maßnahmen zur Wärmedämmung danach als „bauliche…Vorkehrungen“ zur „Vermeidung…von schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzt werden können. Es ist aber umstritten, ob mit solchen Festsetzungen über die Standards der Energieeinsparverordnung hinausgegangen werden darf und ob sie auf den Klimaschutz zielen können.

Solche Festsetzungen gibt es daher kaum und eine Klärung durch die Rechtsprechung steht noch aus.

 

    1. Verbrennungsverbote (§ 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe a BauGB 2004)

z.B. für Heizöl, Kohle oder Holzheizungen (Kamine) sind nach § 9 BauGB und in einigen Bundesländern nach Landesrecht möglich.

Aus Gründen des Nachbarschaftsschutzes könnte eine solche Festsetzung geboten sein.

Rechtlich ist fraglich, ob sie für den Klimaschutz einsetzbar sind. § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe b verlangt, dass die Festsetzungen dem „Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes“ dienen. Deshalb wird, wie bei der Nummer 24, eine Anwendung für den allgemeinen Klimaschutz überwiegend abgelehnt.

Es besteht Einigkeit darüber, dass der § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe a BauGB weitreichende Möglichkeiten zur Durchsetzung von vorsorgenden Maßnahmen für die Luftreinhaltung eröffnet. In Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe b BauGB 2004 - Maßnahmen zum Einsatz erneuerbarer Energien – könnte so eine anderweitige Energieversorgung gesichert werden.

Die Rechtssprechung dazu ist aber nicht eindeutig.

 

    1. Anschluss- und Benutzungszwang

z.B. an zentrale Anlagen zur Energieversorgung sind auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 BauGB nicht möglich.

Einige Bundesländer haben Regelungen in den Gemeindeordnungen oder in Energiespargesetzen geschaffen. Nach derzeitigen Erkenntnissen hat das Land NRW hierzu keine Regelungen geschaffen.

 

    1. Vorhaben- und Erschließungspläne / städtebauliche Verträge

Vorhaben und Erschließungspläne sowie städtebauliche Verträge bieten erheblich weiter gehende Regelungsmöglichkeiten für den allgemeinen Klimaschutz als es sie bei Bebauungsplänen gibt.

Das gilt z.B. für Vereinbarungen über die Nutzung von Solaranlagen und Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung sowie für Anforderungen an die Wärmedämmung von Gebäuden.

Der Baugesetzgeber hat mit der Novelle aus dem Jahr 1998 das Rechtsinstrument des städtebaulichen Vertrages umfassend in den Regelungsbestand des Baugesetzbuches integriert (§ 11 BauGB). Ein städtebaulicher Vertrag ist ein (zumeist) öffentlich-rechtlicher Vertrag. Vertragsparteien sind die Kommune auf der einen Seite und die am Bau beteiligten Privatpersonen auf der anderen Seite.

Dieses Rechtsinstrument der Bauleitplanung dient der kooperativen Lösung städtebaulicher Ziele und Probleme und ergänzt damit das Rechtsinstrument der rein hoheitlich wirkenden Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB. Die Kommunen können dieses einsetzen, ohne die Maßnahme auf eine konkrete Rechtsgrundlage wie in § 9 Abs. 1 BauGB stützen zu müssen. Der § 12 BauGB 2004 eröffnet den Gemeinden weite Gestaltungsspielräume.

 

Anders als bei den Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB sind die Kommunen bei der Gestaltung städtebaulicher Verträge grundsätzlich frei, sofern sie städtebauliche Ziele nach § 1 Abs. 5 und 6 BauGB verfolgen.

 

 

 

Im Rahmen der oben dargestellten Beratungsmodelle (siehe Punkt 1, Aufzeigen rechtlicher Möglichkeiten, letzter Absatz) könnten die hier aufgeführten Steuerungsmöglichkeiten in der Bauleitplanung für die Stadt Wermelskirchen beraten, diskutiert und abgewogen werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anlage

 

 

Auszug aus dem Baugesetzbuch (BauGB)

In der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004

 

1  § 1 BauGB: Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung

 

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, auch in Verantwortung für den allgemeinen Klimaschutz, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln.

 

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

7.    die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere

f)  die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,

 

2  § 9 BauGB: Inhalt des Bebauungsplans

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

23.       Gebiete, in denen

a.  zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,

b.  bei der Errichtung von Gebäuden bestimmte bauliche Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energien wie insbesondere Solarenergie getroffen werden müssen;

 

24.       die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen;

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anlage/n:

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Anlagen:  
  Nr. Name    
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