Beschlussvorschlag: Der
Ausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis. Das
weitere Beratungsergebnis bleibt abzuwarten. Sachverhalt: 1.
Vorbemerkungen
Beratungsfolge: Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
hat die Beratung des Antrages vom 6. März 2007 zu energetischen Festsetzungen
sowohl für den Umweltausschuss als auch für den Ausschuss für Stadtentwicklung
und Verkehr beantragt. Der Ausschuss für Stadtentwicklung
und Verkehr hat den Antrag in seiner Sitzung am 23. April 2007 behandelt; er
gilt als eingebracht. Der Umweltausschuss hat sich mit dem
Thema in seiner Sitzung am 23. August 2007 befasst (Siehe Vorlage
RAT/1059/2007). Der Umweltausschuss hat in dieser Sitzung die Ausführungen der
Verwaltung zur Kenntnis genommen und beschlossen, die Beratung zunächst in den
Fraktionen weiterzuführen. Der Ausschuss für Stadtentwicklung
und Verkehr wird nun in seiner Sitzung am 20. Oktober 2008 über den Antrag
sowie die Ausführungen der Verwaltung beraten. Beratungsinhalt: Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
beantragt, für zukünftige Aufstellungen / Änderungen von Bebauungsplänen in den
planungsrechtlichen Festsetzungen den schonenden Umgang mit Energie und den
Einsatz erneuerbarer Energien (inkl. Geothermie) verbindlich festzuschreiben. Aufzeigen rechtlicher Möglichkeiten: Die Verwaltung stellt in dieser
Sitzungsvorlage unterschiedliche Regelungsmöglichkeiten vor; es handelt sich
dabei um eine Auflistung von möglichen, denkbaren Festsetzungen zum Erreichen
von Klimaschutzzielen im Bauleitplanverfahren. Das 2004 novellierte Baugesetzbuch
enthält mehrere Ergänzungen, die sich auf die Berücksichtigung des allgemeinen
Klimaschutzes und den Einsatz erneuerbarer Energien beziehen. Es ist jedoch insbesondere bei den
Bebauungsplänen umstritten, ob Festsetzungen allein mit dem allgemeinen
Klimaschutz gerechtfertigt werden dürfen. Daraus ergeben sich rechtliche
Unsicherheiten, die dazu geführt haben, dass die im BauGB 2004 neu eingeführten
Festsetzungsmöglichkeiten in der Planungspraxis bisher nicht oder nur kaum
angewendet worden sind. Die dargestellten
Festsetzungsmöglichkeiten werden deshalb durch den Stand der aktuellen
rechtlichen Beurteilung ergänzt, soweit bekannt. Die Politik entscheidet, ob, wie
und in welchem Rahmen die Regelungsbefugnisse der Stadt Wermelskirchen
für die Bauleitplanung nach Änderung des Baugesetzbuches wahrgenommen werden. Diese Diskussion könnte in den
Fraktionen, im Energiebeirat, im Arbeitskreis Stadtentwicklung und abschließend
im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr erfolgen. Gutachten: „Energieeffizienz
und Solarenergienutzung in der Bauleitplanung“ Das Klima-Bündnis / Alianza del
clima e.V. hat gemeinsam mit mehreren deutschen Städten ein Rechts- und
Fachgutachten bei dem Energiebüro Ecofys (Köln) zur Energieeffizienz und
Solarenergienutzung in der Bauleitplanung erstellen lassen. Dr. Dagmar Everding, Prof. Dr.
Alexander Schmidt und Gerd Apfelstedt haben das Gutachten unter Berücksichtigung
der Baugesetzbuch-Novelle 2004 erarbeitet – die Zusammenfassung ist im
März 2007 veröffentlicht worden. Zur Beratung des vorliegenden
Antrags stellt die Verwaltung stichpunktartig wesentliche Ergebnisse der Studie
vor: 2.
Rechtliche
Zulässigkeit von Festsetzungen in der Bauleitplanung I.
Allgemein In der Vergangenheit ist die
Zulässigkeit von Regelungen, die auf den allgemeinen Klimaschutz zielen, für
die Bauleitplanung überwiegend verneint worden. Das oben beschriebene Gutachten
kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Aufnahme des „allgemeinen
Klimaschutzes“ und der Energieeffizienz in den Zielvorgaben des § 1 Abs.
5 Satz 2 und Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe f BauGB 20041 die Gemeinden
grundsätzlich die Befugnis erhalten haben, klimaschutzbezogene Regelungen zu
treffen. Die Gutachter weisen aber darauf
hin, dass eine Klärung der umstrittenen Fragen durch die Rechtssprechung noch
aussteht. II.
Regelungsvoraussetzungen / Umsetzung von
klimaschutzbezogenen Regelungen Voraussetzung für die Festsetzungen
ist einerseits die städtebauliche Erforderlichkeit, andererseits das
Abwägungsgebot. Zudem dürfen nur die Festsetzungen getroffen werden, die § 9
Abs. 1 BauGB vorsieht. III.
Abwägung - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Klimaschutzbezogene Festsetzungen,
die keine oder nur geringe Belastungen für die Grundstückseigentümer
hervorrufen, dürften in aller Regel verhältnismäßig sein. Zum Beispiel die
Sicherung der Möglichkeit zur Nutzung von Solaranlagen. Für die Verpflichtung zur Installation
solcher Anlagen ist zu prüfen, ob die entstehenden Kosten für die
Grundstückseigentümer wirtschaftlich tragbar sind. 3.
Festsetzungsmöglichkeiten
in der Bauleitplanung A.
Flächennutzungsplan (FNP) In Flächennutzungsplänen sind alle
klimaschutzbezogenen Darstellungen zulässig, die in den daraus zu entwickelnden
Bebauungsplänen umgesetzt werden können. Umgekehrt sind die Beschränkungen
bei den Festsetzungsmöglichkeiten in Bebauungsplänen auch für die
Flächennutzungsplanung bedeutsam. Eine speziell auf den Klimaschutz
ausgerichtete Darstellungsmöglichkeit beim FNP fehlt. Teilweise wird empfohlen,
den Rahmen für die zukünftige Entwicklung auf dieser Planungsebene nur grob
vorzugeben und auf eine detaillierte Darstellung zu verzichten. B. Bebauungsplan Bebauungspläne schaffen einen
verbindlichen Rahmen der baulichen und sonstigen Nutzung des Bodens in einer
Kommune. Diese Pläne haben immer auch Einfluss auf den Energiebedarf der
Gebäude und der gesamten Siedlung. Bei der konkreten Ausformung ihrer
Planvorstellungen für die Gestaltung der energetischen Verhältnisse haben sich
die Kommunen an den vom Gesetzgeber des BauGB geschaffenen Rahmen zu halten. Für die konkrete Umsetzung ihrer
planerischen Vorstellungen städtebaulicher Art bedarf die Kommune über die
allgemeinen Ziel- und Aufgabenzuweisungen des § 1 BauGB hinaus einer speziellen
Rechtsgrundlage. Diese Funktion erfüllt nach Maßgabe des § 9 BauGB auf der
Ebene der grundstückbezogenen Festlegungen der kommunale Bebauungsplan. Für den Bebauungsplan ergeben sich
folgende Ansatzpunkte für Festsetzungsmöglichkeiten2
Die Gemeinde hat seit jeher die
Möglichkeit, im Bebauungsplan unter anderem die Bauweise und die Stellung der
Anlagen auf dem Grundstück festzusetzen. Sie kann von dieser Möglichkeit unter
Bezugnahme auf die städtebaulichen Ziele des Klimaschutzes auch Gebrauch
machen, um sicherzustellen, dass die Gebäude für eine passive Nutzung der
Sonnenwärme oder für die Anbringung von Sonnenkollektoren günstig angeordnet
und (z.B. hinsichtlich der Dachform) auf geeignete Weise gestaltet wird. Diese Festsetzungen sind anerkannt
und erprobt. Die Zulässigkeit dieser Festsetzungen ist im Wesentlichen
unstrittig.
In der juristischen Literatur wird
es überwiegend für zulässig gehalten, auch die Installation von Solaranlagen
oder von anderen Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien zu verlangen. Eine praktische Erprobung solcher
Festsetzungen steht noch aus und dabei wird insbesondere bei Solaranlagen die Verhältnismäßigkeit
der damit verbundenen Kosten in die Abwägung einbezogen werden müssen.
Fraglich ist, ob Festsetzungen zur
Wärmedämmung an Gebäuden sowie Zielwerte für die CO2-Minderung in
Bebauungsplänen zulässig sind. Eine speziell dafür vorgesehene
Festsetzungsmöglichkeit fehlt bisher. In Betracht kommt zwar die Anwendung von
§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB 2004, denn es spricht einiges dafür, dass Maßnahmen zur
Wärmedämmung danach als „bauliche…Vorkehrungen“ zur
„Vermeidung…von schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzt werden können. Es ist aber
umstritten, ob mit solchen Festsetzungen über die Standards der Energieeinsparverordnung
hinausgegangen werden darf und ob sie auf den Klimaschutz zielen können. Solche Festsetzungen gibt es daher
kaum und eine Klärung durch die Rechtsprechung steht noch aus.
z.B. für Heizöl, Kohle oder
Holzheizungen (Kamine) sind nach § 9 BauGB und in einigen Bundesländern nach
Landesrecht möglich. Aus Gründen des
Nachbarschaftsschutzes könnte eine solche Festsetzung geboten sein. Rechtlich ist fraglich, ob sie für
den Klimaschutz einsetzbar sind. § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe b verlangt,
dass die Festsetzungen dem „Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im
Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes“ dienen. Deshalb wird, wie bei
der Nummer 24, eine Anwendung für den allgemeinen Klimaschutz überwiegend
abgelehnt. Es besteht Einigkeit darüber, dass
der § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe a BauGB weitreichende Möglichkeiten zur
Durchsetzung von vorsorgenden Maßnahmen für die Luftreinhaltung
eröffnet. In Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 23 Buchstabe b BauGB 2004 -
Maßnahmen zum Einsatz erneuerbarer Energien – könnte so eine anderweitige
Energieversorgung gesichert werden. Die Rechtssprechung dazu ist aber
nicht eindeutig.
z.B. an zentrale Anlagen zur
Energieversorgung sind auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 BauGB nicht möglich. Einige Bundesländer haben Regelungen
in den Gemeindeordnungen oder in Energiespargesetzen geschaffen. Nach
derzeitigen Erkenntnissen hat das Land NRW hierzu keine Regelungen geschaffen.
Vorhaben und Erschließungspläne
sowie städtebauliche Verträge bieten erheblich weiter gehende
Regelungsmöglichkeiten für den allgemeinen Klimaschutz als es sie bei
Bebauungsplänen gibt. Das gilt z.B. für Vereinbarungen
über die Nutzung von Solaranlagen und Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung
sowie für Anforderungen an die Wärmedämmung von Gebäuden. Der Baugesetzgeber hat mit der
Novelle aus dem Jahr 1998 das Rechtsinstrument des städtebaulichen Vertrages
umfassend in den Regelungsbestand des Baugesetzbuches integriert (§ 11 BauGB).
Ein städtebaulicher Vertrag ist ein (zumeist) öffentlich-rechtlicher Vertrag.
Vertragsparteien sind die Kommune auf der einen Seite und die am Bau
beteiligten Privatpersonen auf der anderen Seite. Dieses Rechtsinstrument der
Bauleitplanung dient der kooperativen Lösung städtebaulicher Ziele und Probleme
und ergänzt damit das Rechtsinstrument der rein hoheitlich wirkenden
Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB. Die Kommunen können dieses einsetzen, ohne
die Maßnahme auf eine konkrete Rechtsgrundlage wie in § 9 Abs. 1 BauGB stützen
zu müssen. Der § 12 BauGB 2004 eröffnet den Gemeinden weite
Gestaltungsspielräume. Anders als bei den Festsetzungen
nach § 9 Abs. 1 BauGB sind die Kommunen bei der Gestaltung städtebaulicher
Verträge grundsätzlich frei, sofern sie städtebauliche Ziele nach § 1 Abs. 5
und 6 BauGB verfolgen. Im Rahmen der oben dargestellten Beratungsmodelle (siehe
Punkt 1, Aufzeigen rechtlicher Möglichkeiten, letzter Absatz) könnten die hier
aufgeführten Steuerungsmöglichkeiten in der Bauleitplanung für die Stadt
Wermelskirchen beraten, diskutiert und abgewogen werden. Anlage Auszug aus dem
Baugesetzbuch (BauGB) In der Fassung der Bekanntmachung
vom 23. September 2004 1
§ 1 BauGB: Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung … (5) Die Bauleitpläne sollen eine
nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und
umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen
Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der
Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten. Sie sollen
dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen
Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, auch in Verantwortung für den
allgemeinen Klimaschutz, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild
baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. (6) Bei der Aufstellung
der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen: … 7. die Belange des Umweltschutzes,
einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere … f) die Nutzung erneuerbarer Energien
sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, 2
§ 9 BauGB: Inhalt des Bebauungsplans (1) Im Bebauungsplan können aus
städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: … 23. Gebiete, in denen a. zum Schutz vor schädlichen
Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft
verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen, b. bei der Errichtung von Gebäuden
bestimmte bauliche Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energien wie
insbesondere Solarenergie getroffen werden müssen; 24. die von der
Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für
besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen
Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen
oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen
und sonstigen technischen Vorkehrungen; … Anlage/n:
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