Vorlage - RAT/0179/2003  

 
 
Betreff: Entscheidung zur künftigen Verfahrensweise bei gemeinsamen Grundstücksanschlüssen
Status:öffentlich  
Federführend:Tiefbauamt Bearbeiter/-in: Weber, Hans-Jürgen
Beratungsfolge:
Betriebsausschuss Städtischer Abwasserbetrieb Entscheidung
26.11.2003 
17. Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Werksausschusses Städtischer Abwasserbetrieb ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Finanzielle Auswirkungen

Beschlussvorschlag:

Beschlussvorschlag:

Der Werksausschuss nimmt den von der Werkleitung dargestellten Sachverhalt zum Übernahmerisiko bei privaten Sammelleitungen zur Kenntnis. Er beschließt, die vorgetragene Verfahrensweise als Richtlinie, an die der Städtische Abwasserbetrieb Wermelskirchen bei Entscheidungen über das Zulassen eines gemeinsamen Hausanschlusses gebunden ist.

Sachverhalt:

Sachverhalt:

 

In der Vergangenheit wurden auf Antrag von Eigentümern auch private Abwasserkanäle zugelassen, an welche mehrere Grundstücke angeschlossen wurden. Dies geschah z.B. dann, wenn aufgrund der Topographie mehrere Grundstücke nur über Pumpen an den städtischen Kanal in der Straße angeschlossen werden konnten.

 

Aufgrund der derzeitigen Rechtslage musste der SAW nun als Abwasserbeseitigungspflichtiger einen solchen, vor ca. 40 Jahren privat gebauten, Regenwasserkanal in seine Unterhaltung übernehmen, weil über diesen Kanal das Regenwasser von mehreren Grundstücken entwässert wurde.

 

Dieser Fall  veranlasst die Werkleitung den Werksausschuss über die Rechtslage und deren Konsequenzen zu informieren, sowie die zukünftige Verfahrensweise bei neuen Anträgen auf gemeinsam genutzte Grundstücksanschlüsse an die öffentliche Kanalisation abzustimmen.

 

 

Bisherige Verfahrensweise

 

Bis Anfang der 90`er Jahre wurde mit der Thematik von mehrfach genutzten privaten Grundstücksanschlüssen und deren Ausführung sehr unbürokratisch umgegangen. Hauptaugenmerk wurde darauf gelegt, dass überhaupt ein Anschluss an die öffentliche Kanalisation erfolgt. Die technische Ausführung sowie der Leitungsverlauf auf den privaten Grundstücken oblag weitestgehend dem Eigentümer. Im Extremfall entstanden hierdurch “kleine private Abwassernetze”, worüber die Abwasserentsorgung mehrerer Grundstücke erfolgt.

In den letzten Jahren erfolgte eine stärkere Kontrolle und eine intensivere Abstimmung mit den Eigentümern bei der technischen Auslegung, der Lage und der Anzahl der Anschlussnehmer.

 

Die bisherige Verfahrensweise kam dem Eigentümer insofern entgegen, als dass der meistens auf wirtschaftlichen Kriterien basierende alternative Entwässerungsvorschlag für mehrere Grundstücke mit berücksichtigt wurde.

 

 

Problematik

 

Die Frage, ab wann ein Abwasserbeseitigungspflichtiger für den Betrieb und die Unterhaltung von Kanälen zuständig wird, ist rechtlich nicht eindeutig geregelt. In dem für den SAW ungünstigsten Fall beginnt das “Sammeln” des Abwassers und somit die Betriebs- und Unterhaltungspflicht des SAW bereits dort, wo zwei Abwasserleitungen von unterschiedlichen Grundstücken zusammenführen (Y-Prinzip). Dies würde bedeuten, dass der SAW eine Vielzahl von heute privaten Abwasseranlagen (Kanäle, Schächte, Pumpen, Druckleitungen) übernehmen, sanieren und unterhalten müsste. Wegen der häufig nicht gegebenen Zugänglichkeit, der Lage auf privatem Eigentum und dem voraussichtlich erheblichen Sanierungsaufwand wäre diese Konsequenz für den SAW technisch wie wirtschaftlich sehr problematisch.

 

In der jüngsten Vergangenheit zeichnet sich eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung zu dem sogenannten “Y-Prinzip” ab. Ein hierzu von der Abwasserberatung NW veröffentlichter Bericht (Abwasserreport 4.01 der Abwasserberatung NRW) ist dem Sachverhalt als Auszug angefügt.

 

Eine eindeutige Regelung, ab wann die öffentliche Betriebs- und Unterhaltungspflicht beginnt, besteht derzeit nicht.

In der aktuellen Satzung zur Abwasserbeseitigung der Stadt Wermelskirchen, basierend auf der Mustersatzung des MUNLV NRW, ist unter § 8, Abs. 1 folgendes festgelegt:

“Jedes anzuschließende Grundstück ist unterirdisch mit einer eigenen Anschlussleitung und ohne technischen Zusammenhang mit den Nachbargrundstücken an die öffentliche Abwasseranlage anzuschließen. In Gebieten mit Mischsystem ist für jedes Grundstück eine Anschlussleitung, in Gebieten mit Trennsystem je eine Anschlussleitung für Schmutz- und für Niederschlagswasser herzustellen.”

 

Im Abs. 7 heißt es weiterhin:

 

“Bei Zulassung eines gemeinsamen Anschlusses für zwei oder mehrere Grundstücke müssen die Unterhaltungs‑ und Benutzungsrechte und ‑pflichten schriftlich festgelegt und grundbuch­lich oder durch Baulast gesichert werden.”

 

Ein gemeinsamer Anschluss für zwei oder mehrere Grundstücke ist somit satzungsrechtlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sondern kann unter bestimmten Bedingungen zugelassen werden.

 

 

Künftige Vorgehensweise

 

Um eventuelle Rechtsfolgen auszuschließen, müsste der SAW bei zukünftigen Hausanschlüssen für jedes Grundstück eine eigene Anschlussleitung fordern. Dies würde für jedes bestehende und geplante freistehende Gebäude, Doppelhaushälfte oder Reihenhaus einen separaten Anschluss bedeuten. Die privaten Kosten zum Anschluss vorhandener Bebauung sowie von Neubauten an die öffentliche Abwasseranlage können sich bei einer solchen Vorgehensweise erhöhen. Diese Vorgehensweise würde das Übernahmerisiko des SAW als Abwasserbeseitigungspflichtiger zu Lasten der Grundstückseigentümer minimieren, obwohl ein separater Anschluss für jedes Grundstück aus technischer Sicht häufig nicht unbedingt notwendig ist.

 

Im Sinne einer Gleichbehandlung unter Berücksichtigung der bisherigen Vorgehensweise schlägt die Werkleitung eine individuelle Prüfung vor, wenn ein Hausanschluss für mehrere Grundstücke erstellt werden soll. Um das Risiko einer zukünftigen Übernahme für den SAW zu minimieren, sollten diese Sammelleitungen einen definierten technischen Mindeststandard erfüllen. Dieser beinhaltet die Leitungsdimension, das Rohrmaterial, das Mindestgefälle, die Anordnung von Schächten, die Auslegung von Pumpen sowie die Zugänglichkeit der Anlagen. Dieser Mindeststandard wird wie folgt definiert:

 

Mindeststandard für Sammelleitungen:

 

 

Sammelleitungen                 Sammelleitungen beginnen dann, wenn sich zwei Abwasserleitungen von unterschiedlichen Grundstücken vereinigen (Y-Prinzip).

 

Rohrdimension                    Das Abwasserrohr muss mindestens in der Dimension DN 200 ausgeführt werden.

 

Rohrmaterial                         Für Schmutzwasser- und Mischwasserleitungen ist als Rohrmaterial Steinzeug (Stz) vorzusehen. Für Regenwasserleitungen gibt es keine Vorgabe.

 

Rohrgefälle                           Das Gefälle der Sammelleitung muss mindestens 1% betragen.

 

Schächte                               Schächte sind am Beginn der Sammelleitung, mindestens alle 50 m sowie bei jeder Richtungs- und Gefälleänderung anzuordnen. Die Ausführung richtet sich nach der DIN 4034 mit einem Innendurchmesser von min. 1000 mm.

 

Pumpstationen                     Dient eine Pumpstation für die Entwässerung von mehreren Grundstücken, ist diese als Doppelpumpstation auszuführen. Bei der Bemessung der privaten Pumpstation einschließlich der folgenden Druckleitung ist die Aufenthaltsdauer des Abwassers zu beachten. Sollte die Gefahr von Sulfidbildung, Geruchsbelästigung, Korrosion und Ablagerung bestehen, sind entsprechende Vorkehrungen zu treffen.

 

Zugänglichkeit                      Die nach dem Y-Prinzip zum Sammeln und Fortleiten von Abwasser dienenden Anlagen dürfen nicht überbaut werden und müssen dauerhaft zugänglich bleiben.

 

Darstellung                           Die Sammelleitungen sind in einem Lageplan darzustellen. Hierin ist die Lage und Höhe der Abwasseranlage einschließlich Material und Dimension anzugeben, damit die Sammelleitung zukünftig eindeutig definiert werden kann.

 

 

Diese Vorgehensweise stellt einen Kompromiss zwischen kostengünstiger Anschlussnahme für den Grundstückseigentümer und Minimierung des Übernahmerisikos für den SAW dar.

 

Mit dem Beschluss des Werksausschusses, dass zukünftig mit Anträgen zur Herstellung von Sammelleitungen in der oben beschriebenen Art und Weise verfahren wird, will sich der SAW an diese immer gleiche Verfahrensweise binden.

 

Es entsteht für den SAW eine Richtlinie, die die Bedingungen festlegt, unter denen ein gemeinsamer Anschluss zugelassen wird. Sofern eine Änderung der Vorgehensweise und auch der technischen Mindeststandards zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll erscheint, so ist dazu ein Beschluss des Werksausschusses über eine Änderung der Richtlinien einzuholen.

 

Auszug aus dem Bericht der Abwasserberatung NRW im Abwassereport 4.01:

 

Die Abkehr vom sogenannten Y-Prinzip durch die Rechtsprechung

 

Amtsgericht Düren, Urteil vom 16.05.2001 (Az. 44 C 114/01), Amtsgericht Düren, Urteil vom 20.06.2001 (Az. 47 C 54/01), Amtsgericht Düren, Urteil vom 07.11.2001 (42 C 58/01), Amtsgericht Düren, Urteil vom 07.11.2001 (42 C 70/01) sowie Amtsgericht Düren, Beschluss vom 05.09.2001 (Az. 42 C 70/01).

 

In der kommunalen Praxis stellt sich häufig die Frage, ob gemeinsame Anschlussleitungen kraft Gesetzes Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage sind bzw. ob die Gemeinde verpflichtet ist, diese gemeinsamen Anschlussleitungen in ihr Kanalvermögen zu übernehmen.

 

Diese Verpflichtung soll sich nach einer verbreiteten Ansicht aus § 18a Absatz 1 Satz 2 WHG ergeben. Dies wird damit begründet, dass mit dem erstmaligen Zusammenführen von Abwasser zweier Grundstücke ein Sammeln im Sinne des § 18a Absatz 1 Satz 2 WHG vorliegen würde. Deshalb sei die Gemeinde im Rahmen ihrer Abwasserbeseitigungspflicht zuständig und deshalb müsse sie auch die Leitungen übernehmen. Demgegenüber vertritt Becker (Abwasserreport 4/1999 Seite 16 – 18) zu Recht die Ansicht, dass aus dem Begriff des Sammelns im Sinne von § 18a WHG eine solche weitgehende Verpflichtung nicht abzuleiten ist. Dieser Ansicht folgt auch der Städte- und Gemeindebund NRW (Mitteilung vom 20.06.2001 Nr. 391) und nunmehr auch das Amtsgericht Düren in den o.g. Entscheidungen.

 

In den entschiedenen Fällen hatte sich die Gemeinde aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit den Anschlussnehmern verpflichtet, auf deren Kosten die in einer Privatstraße verlegte gemeinsame Anschlussleitung zu sanieren. In der Entwässerungssatzung war vorgesehen, dass die Anschlussleitungen lediglich bis zur Grundstücksgrenze Bestandteil der öffentlichen Abwassereinrichtung ist (Vgl. § 10 Abs. 1 KAG). Nach erfolgter Sanierung wollten die Grundstückseigentümer die entstandenen Sanierungskosten jedoch nicht mehr tragen. Sie trugen vor, dass diese Leitung Bestandteil der öffentlichen Abwassereinrichtung sei und dafür weder nach dem KAG noch aufgrund der vertraglichen Vereinbarung eine Zahlungsverpflichtung bestehe. Die Klagen der Gemeinde auf Zahlung der Sanierungskosten hatten in vollem Umfang Erfolg.

 

Über diesen Einzelfall hinaus ist insbesondere die folgende Aussage in dem Urteil vom 20.06.2001 (47 C 54/01) beachtenswert:

 

Diese gemeinsame Anschlussleitung ist auch nicht deshalb Bestandteil der öffentlichen Abwassereinrichtung, weil mehrere Grundstücke über diese Leitung die Entwässerung ihrer Grundstücke durchführen. Denn "unter einer öffentlichen Einrichtung versteht man nur solche Anlagen, die dem Allgemeininteresse dienen. Von ihr profitieren nicht nur die angeschlossenen Einwohner, sondern die gesamte Einwohnerschaft. Ziel ist hierbei die Förderung des Allgemeinwohls. Zur Verwirklichung dieses Ziels müssen die Grundstücksanschlüsse zwar hergestellt werden. Die besonderen Vorteile des Einzelnen oder Einzelner, die in der Ermöglichung der Entwässerung der Grundstücke bestehen, und das öffentliche Interesse schließen sich jedoch nicht gegenseitig aus. Für die Interessenabwägung ist nämlich entscheidend, dass die Anschlussleitungen nicht zur allgemeinen Benutzung bestimmt sind und keine allgemeinen nützlichen Einrichtungen sind. Ausschlaggebend beim Grundstücksanschluss ist also der Individualvorteil. Diese aus dem unterschiedlichen Charakter der öffentlichen Einrichtung und der Grundstücksanschlüsse bezogenen Gesichtspunkte sind auch bei den Gemeinschaftsanschlüssen maßgebend. Der besondere Benutzungsvorteil bezieht sich dann nicht mehr auf ein einzelnes Grundstück, sondern auf mehrere Grundstücke."

 

Schließlich ist auch Folgendes zu bedenken:

Gemeinsame Anschlussleitungen werden häufig aus ökonomischen Gründen von den Grundstückseigentümern hergestellt. Würden diese Leitungen aber kraft Gesetzes oder aufgrund einer zwingend durchzuführenden Widmung Bestandteil der öffentlichen Abwassereinrichtung, so könnte die Gemeinde für deren Sanierung keinen Kostenersatz nach § 10 Abs. 1 KAG NW geltend machen. Vielmehr würden diese Kosten über die Abwassergebühr auch auf diejenigen abgewälzt, die - aus welchen Gründen auch immer - keine gemeinsame Anschlussleitung herstellen konnten. Zeitgleich müssen diese aber für die Kosten der Sanierung ihrer Anschlussleitung nach § 10 Abs. 1 KAG i.V.m. einer entsprechenden Satzungsbestimmung aufkommen. Ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung drängt sich aber nicht auf.

 

 

 


 

FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN:

FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN:

 

Ja

X

Nein

FINANZIELLE ABSICHERUNG DER AUSGABEN BEI HAUSHALTSSTELLE:

 

Gesamtkosten der Maßnahme (Beschaffungs/Herstellungskosten
einschl. MWSt.)

zur Verfügung stehende Mittel:

 Ansatz, Ausgaberest

Verpflichtungsermächtigung

 

EUR

 

EUR

 

EUR

Jährliche zusätzliche Folgekosten:

 

EUR

 

Keine

Der Betrag steht haushaltsmäßig in voller Höhe zur Verfügung:
(bei Nein: Stellungnahme der Kämmerei erforderlich)

Stellungnahme des Rechnungsprüfungsamtes
Gegen den Vergabevorschlag bestehen - keine - Bedenken.

 

 

Ja

 

Nein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Datum, Unterschrift

 

 

Datum, Unterschrift