Beschlussvorschlag:
Der Jugendhilfeausschuss der Stadt Wermelskirchen nimmt den Bericht des Amtes für Jugend, Bildung und Sport zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Jugendarbeit in Wermelskirchen
Einleitung
Vor dem Hintergrund der finanziellen Situation der Stadt Wermelskirchen steht immer wieder die Jugendarbeit und damit auch Kinder- und die Jugendarbeit der Kattwinkelschen Fabrik auf dem Prüfstand. Nicht nur in Wermelskirchen sieht sich die Jugendarbeit paradoxen Erwartungen im Hinblick auf den geringer werdenden Anteil jungen Menschen (demographischer Wandel) auf der einen Seite, und die wachsende Bedeutung in Bezug auf die Lösung gesellschaftlicher Zukunftsaufgaben für die nachkommenden Generationen auf der anderen Seite, ausgesetzt. Gerade in Zeiten der Finanzkrise kommt deshalb der Bereitstellung einer bedarfsgerechten Kinder- und Jugendarbeit mit deren Infrastruktur für junge Menschen zwischen 6 und 27 Jahren eine besondere Bedeutung zu. Daher erscheint es dem Amt für Jugend, Bildung und Sport erforderlich, die Situation im Bereich der Jugendarbeit in Wermelskirchen darzustellen.
Kinder- und Jugendarbeit
Kinder- und Jugendarbeit ist ein wesentlicher Ort informellen Lernens, denn den überwiegenden Teil des Wissens und Könnens erlernen Kinder und Jugendliche außerhalb der Schule. „Die Faure-Kommission der Unesco hat schon im Jahre 1972 festgehalten, dass informelles Lernen etwa 70% aller menschlichen Lernprozesse umfasst“ (Overwien, 2007). Die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit ermöglichen und fördern die Begegnung junger Menschen mit unterschiedlichem sozialem und kulturellem Hintergrund. In der offenen Kinder- und Jugendarbeit stellen die Angebote ein wesentliches Gegenmodell zu Misserfolgserlebnissen, Ablehnungs- und Ausgrenzungserfahrungen mit Familie und Schule dar. Die Einrichtungen sind damit auch ein Ort der Kinder und Jugendliche befähigt, sich selbst positiv wahrzunehmen und ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen. Während die Verbandsjugendarbeit Kinder und Jugendliche aller Schichten anspricht und sie an Verantwortungsübernahme und Selbständigkeit weitgehend unter ehrenamtlichen Strukturen heranführt, bietet die offene Kinder und Jugendarbeit mit den gleichen Zielen ein infrastrukturelles Angebot, auch für sozial belastete Milieus, unter weitgehend hauptamtlichen professionellen Strukturen an und erfüllt damit auch einen Kompensationsauftrag zum Ausgleich sozialer Benachteiligung. Damit leistet die Kinder- und Jugendarbeit einen wichtigen Beitrag zum differenzierten Rollenerwerb und interkultureller Akzeptanz und Kompetenz durch geschlechter- und kultursensible Arbeit und liefert wichtige Anstöße für Fragen der gesellschaftlichen Integration und zur Stärkung von Alltagsdemokratie (vgl. Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe AGJ Nov. 2011).
Gesetzlicher Auftrag der Kinder- und Jugendarbeit (Quelle: Positionspapier des Landes Jugendhilfeausschusses)
Kinder- und Jugendarbeit ist eine Pflichtaufgabe.
Neben der Kinder- und Jugendarbeit gehören insbesondere
zu den Handlungsfeldern der Jugendförderung. Diese in den §§ 11 – 13 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII und im Jugendförderungsgesetz NRW geregelten Aufgaben gehören zu den Pflichtaufgaben der Jugendämter. Im Zuge der Jugendhilfeplanung soll bestimmt werden, welcher Anteil des Jugendhilfebudgets der Kinder- und Jugendarbeit zur Verfügung stehen soll.
Das Gesetz gibt dabei generell vor, dass es sich um einen angemessenen Anteil handeln soll. Jugendpolitikerinnen und –politiker haben somit die Aufgabe, im Rahmen von kommunalen Kinder- und Jugendförderplänen Ziele und Aufgaben, Rahmenbedingungen und Ressourcen der Kinder- und Jugendarbeit festzulegen. Für die Dauer der Legislaturperiode von Rat oder Kreistag soll festgelegt werden, wie Kinder- und Jugendarbeit gefördert wird.
Wie auch in anderen Feldern der Jugendhilfe gehört die Zusammenarbeit mit den freien Trägern zu den Grundlagen. Aufgabe der Jugendämter ist die Planungs- und Gesamtverantwortung.
Im Gegensatz zur gebundenen Ganztagsschule geht es bei der Kinder- und Jugendarbeit um Angebote, die freiwillig genutzt werden, von Kindern und Jugendlichen mitbestimmt und mitgestaltet werden. Strukturprinzip offener Kinder- und Jugendarbeit ist der freie Zugang für alle interessierten Mädchen und Jungen. Kinder- und Jugendarbeit soll die Entwicklung junger Menschen fördern und gesellschaftliche Mitverantwortung sowie soziales Engagement anregen. Kinder- und Jugendarbeit steht auch Heranwachsenden zur Verfügung, die nicht mehr schulpflichtig sind.
Freie Träger:
Evangelische Kirchengemeinden:
Freie evangelische Kirchengemeinden:
Katholische Kirchengemeinden:
Verbände:
Vereine:
Öffentliche Träger:
Kattwinkelsche Fabrik
Förderung über den Kommunalen Kinder- und Jugendförderplan
Der kommunalen Kinder- und Jugendförderplan (KJFP) wurde mit den Freien Trägern in der Arbeitsgemeinschaft gem. § 78 KJHG gemeinsam erstellt. Der KJFP ist seit dem 01.01.2007 durch Ratsbeschluss in Kraft und wurde (nach einer Novellierung für das Jahr 2008 und 2009) für die Legislaturperiode 2010 – 2014 erneut beschlossen.
Nach §75 SGB VIII anerkannte freie Träger und auch öffentliche Träger der Jugendhilfe in Wermelskirchen haben die Möglichkeit über einen Antrag nach dem KJFP gefördert zu werden. Hierfür steht nach einer 20%igen Kürzung ein Budget in Höhe von 30.400 € jährlich zur Verfügung. Die Mittel werden auf Antrag und nach Einreichung entsprechender Verwendungsnachweise für Projekte und Erholungsmaßnahmen als Zuschuss gewährt.
Darüber hinaus erhält die Kattwinkelsche Fabrik aus dem Kinder- und Jugendförderplan NRW für die offene Jugendarbeit jährlich einen Betrag zurzeit in Höhe von 40.450 €.
Angaben über regelmäßige Veranstaltungen seitens der freien Träger können nicht gemacht werden, da diese nicht über den KJFP gefördert werden können und damit keine belastbaren Zahlen vorliegen.
Besucherzahlen Kattwinkelsche Fabrik
1985 Antrag der Grünen die Kattwinkelsche Fabrik für ein Kultur- und Kommunikationszentrum zu erhalten.
02.06.1986 Ratsbeschluss ein neues Nutzungskonzept zu erarbeiten, Zuschussantrag zu stellen und nicht denkmalwerte Gebäudeteile abzubrechen.
14.07.1987 Die Verwaltung legt dem Jugendwohlfahrtsausschuss (JWA) ein Konzept vor, das vorsieht, die offene Jugendarbeit im Bereich Kattwinkel zu zentralisieren.
12.10.1987 In der JWA-Sitzung wird das Konzept beraten. Der JWA stellt einstimmig fest, dass die Nutzung der Kattwinkelschen Fabrik auch durch Jugendarbeit gesichert werden soll. Der Arbeitskreis „offene Jugendarbeit“ wird gegründet.
14.03.1988 Der Haupt- und Finanzausschuss stimmt dem Plan für den Ausbau der Kattwinkelschen Fabrik zu.
24.10.1988 Ratsbeschluss mit den Hauptbauarbeiten unverzüglich zu beginnen.
01.12.1988 Baubeginn (Hauptumbaumaßnahme)
18.09.1989 Richtfest
22.06.1991 Einweihung der Kattwinkelschen Fabrik als Kultur- und Begegnungszentrum
01.01.1999 Die Kattwinkelsche Fabrik wird durch Ratsbeschluss zum Eigenbetrieb. In der Betriebssatzung wird festgeschrieben, dass die Erfüllung der pädagogischen, bzw. soziokulturellen Aufgaben Vorrang gegenüber den Gewinninteressen des Betriebes haben.
2008 Die Kattwinkelsche Fabrik wird als Jugendkunstschule anerkannt.
31.08.2010 Schließung durch Ratsbeschluss (12.07.2010) des kommunalen Kinder- und Jugendtreffs Braunsberg im Zuge der Haushaltskonsolidierung, nicht zuletzt auch um die Stellung der Kattwinkelschen Fabrik in der Stadt als zentrale Jugendeinrichtung zu stärken (vgl. Sachverhalt zur Beschlussvorlage RAT/1926/2010).
Mit dem Ratsbeschluss den offenen Kinder- und Jugendtreff Braunsberg zu schließen ist die Kattwinkelsche Fabrik mit ihrem Angebot der Kinder- und Jugendarbeit die letzte verbleibende kommunale Einrichtung, die es der Stadt ermöglicht, den gesetzlichen Auftrag für ein den Vorgaben des SGB VIII entsprechendes fachliches Angebot an Veranstaltungen, Einrichtungen und Diensten Sorge zu tragen, die notwendige Infrastruktur vorzuhalten und eventuelle Lücken in der Aufgabenerfüllung zu schließen (Letztverantwortung hinter dem vorrangigen Betätigungsrecht der freien Träger).
SGB VIII § 11, Abs. 1: Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zur gesellschaftlichen Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.
SGB VIII § 11, Abs. 2: Jugendarbeit wird angeboten von Verbänden, Gruppen und Initiativen der Jugend, von anderen Trägern der Jugendarbeit und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Sie umfasst für Mitglieder bestimmte Angebote, die offene Jugendarbeit und gemeinwesenorientierte Angebote.
SGB VIII § 11, Abs. 3: Zu den Schwerpunkten gehören:
SGB VIII § 11, Abs. 4: Angebote der Jugendarbeit können auch Personen, die das 27. Lebensjahrvollendet haben, in angemessenem Umfang einbeziehen.
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