Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Verkehr und Umwelt nimmt den Sachstandsbericht zum Radwegekonzept zur Kenntnis.
Das Beratungsergebnis bleibt abzuwarten.
Sachverhalt:
Erfahrungsbericht / Sachstandsbericht Radverkehr Telegrafenstraße
Die heutige Verkehrsführung in der Telegrafenstraße „Radfahren entgegen der Einbahnstraße“ wurde am 11.04.2011 im Ausschuss für Stadtentwicklung, Verkehr und Umweltfragen und am 16.05.2011 im Haupt- und Finanzausschuss beschlossen.
Nachfolgend ist der Erfahrungsbericht für die einjährige Versuchsphase zur veränderten Radverkehrsführung dargestellt:
Stellungnahme aus straßenverkehrsbehördlicher Sicht:
Mit Schreiben vom 13.04.2011 wurde die heutige Verkehrsregelung in der Telegrafenstraße (Radfahrer entgegen der Einbahnstraße) angeordnet. Die Umsetzung erfolgte am 17.05.2011. Durch entsprechende Beschilderung für den Verkehr aus Richtung Thomas-Mann-Straße wird anzeigt, dass Radfahrverkehr entgegen der Einbahnrichtung zugelassen ist. Dem Radfahrer aus Fahrtrichtung Eich wird mit Zusatzzeichen angezeigt, dass er die Telegrafenstraße entgegen der Einbahnrichtung befahren darf. Im Einmündungsbereich Telegrafenstraße / Eich / Brückenweg wurde eine Schleuse für den Radverkehr markiert, ebenso im Bereich der Einmündung Karl-Leverkus-Straße. (vorhandene Anordnung siehe Anlage 1)
Die in der Telegrafenstraße zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 20 km/h für den verkehrsberuhigten Geschäftsbereich. Aufgrund dieser besonderen Geschwindigkeit und der ausreichenden Fahrbahnbreite konnte eine Anordnung für den Radverkehr entgegen der Einbahnrichtung erteilt werden.
In der Verkehrsbeobachtung zeigt sich als Hauptproblem das Parkverhalten auf der Telegrafenstraße. Fahrzeuge werden regelmäßig in Fahrtrichtung links abgestellt. Hierdurch wird der entgegenkommende Radfahrer zum Ausweichen in Richtung Fahrbahnmitte gezwungen. Hierdurch soll es zu verschiedenen kritischen Verkehrsituationen gekommen sein. Es wurde u. a. angeregt, einen Schutzstreifen, wie z. B. in der Berliner Straße für den Radfahrer zu markieren. Derartige Schutzstreifen dürfen bei Bedarf unter Beachtung des Gefährdungsverbots für Radfahrer überfahren werden. Das Parken und Halten ist auf dem Schutzstreifen nicht erlaubt ( Anl. 3 lfd. Nr. 22 zu § 42, Ge- oder Verbot Nr. 3 StVO). Die heutige Situation wird sich wegen des hohen Parkdrucks nicht wesentlich verändern. Bereits heute besteht eine eindeutige Regelung (eingeschränktes Halteverbot in dieser Zone). Eine deutliche Verbesserung der Situation für den Radfahrer wird nur durch eine regelmäßige Überwachung des ruhenden Verkehrs erreicht werden können. Führen Verkehrsteilnehmer im Einzelfall erlaubte Be- oder Entladegeschäfte durch, besteht auch für den Radfahrer unter Berücksichtigung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit 20 km/h aller Verkehrsteilnehmer bei gegenseitiger Rücksichtnahme kein besonderes Gefährdungspotential.
Stellungnahme der Polizeibehörde:
Örtlichkeit: Telegrafenstraße Unfallbeteiligung: Radfahrer. Auswertung vom 01.01.2011-31.03.2012
Im genannten Zeitraum hat sich im Bereich Telegrafenstraße ein Verkehrsunfall unter Beteiligung eines Radfahrers ergeben. Der verursachende Fahrzeugführer übersah hierbei, beim rückwärts Ausparken, den auf der Telegrafenstraße fahrenden Radfahrer. (Siehe Anlage 2) Dieser befuhr die Einbahnstraße in die auch für den motorisierten Verkehr vorgesehene Fahrtrichtung. Unter Berücksichtigung der Unfallauswertung stellt sich die Telegrafenstraße als unproblematisch dar.
Im genannten Auswertungszeitraum: 01.01.2011-31.03.2012, ereigneten sich im Stadtbereich Wermelskirchen 21 Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Radfahrern. Eine Unfallproblematik, wie in anderen Bereichen des Rheinisch-Bergischen-Kreis, liegt jedoch nicht vor. Die Unfallursachen und Örtlichkeiten der einzelnen Unfälle sind unterschiedlich und einzelfallbedingt. Durch die Eröffnung der „Balkantrasse“ ist die Attraktivität des Radfahrens gewollter Maßen gestiegen. Der Gesetzgeber setzt in den letzten Jahren auf die Vermischung der einzelnen Verkehrsarten. Wurden früher die Radfahrer separiert so sollen sie in den kommenden Jahren auf die Fahrbahn geführt werden und den Verkehrsraum gemeinsam mit dem motorisierten Verkehr nutzen. Dies erfordert ein Umdenken aller Verkehrsteilnehmer mit Rücksicht und Verständnis für die Situation des anderen. Sicher lassen sich solche Übergänge nicht von heute auf morgen realisieren.
Aus Sicht der Kreispolizeibehörde sind derzeit keine Sofortmaßnahmen im Bereich Telegrafenstraße erforderlich. Der „Probebetrieb“ ist nicht gescheitert.
Stellungnahme Ordnungsamt:
Aus der Sicht der Ordnungsamtes wird den Radfahrern auf der Telegrafenstraße gemäß Straßenverkehrsordnung (StVO) die Möglichkeit eingeräumt, entgegen der Fahrtrichtung zu fahren. Dies wird durch Symbole/Markierung auf der Straße und der notwendigen Hinweisbeschilderung deutlich gemacht. Eine gesonderte Fläche, ausschließlich für Radfahrer, ist nicht ausgewiesen. Aufgrund der ausreichenden Straßenbreite der Telegrafenstraße und in Verbindung mit der Festlegung/Beschilderung einer Einbahnstraße darf und kann auch auf der linken Seite der Fahrbahn gehalten werden. Aufgrund der vorhandenen Beschilderung ist das Be- und Entladen erlaubt. Das Parken ist hierbei nur in den ausgewiesenen Flächen erlaubt. Das Parken auf der Fahrbahn ist nicht erlaubt. Die Überwachung des ruhenden Verkehrs wird im Stadtgebiet und auch auf der Telegrafenstraße durch das Ordnungsamt regelmäßig durchgeführt.
Meinungsbilder von Radfahrern
a) Das an der Strecke liegende Angebot von unterschiedlichen Gastronomiebetrieben wird gerne genutzt und sehr positiv angenommen. b) Es fehlen Fahrradständer bzw. Abstellmöglichkeiten an den Gastronomiebetrieben. c) es halten zu viele Autos auf der Straße. d) Die Geschwindigkeit der entgegenkommenden Fahrzeuge (auch Busse), ist teilweise zu Hoch. e) Warum gibt es keinen Radweg entlang der Umgehungsstraße? f) Die Beschilderung im Stadtbereich ist zu verbessern.
Verkehrsplanerische Stellungnahme:
Nach der Inbetriebnahme des Radweges in 2011 entgegen der Einbahnstraße wurde diese Fahrbeziehung lediglich in einem beschränkten Maße genutzt, daher sind wenige besondere Verkehrssituationen entstanden. Diese Verkehrssituationen sind teilweise auch der Tatsache geschuldet, dass die Verkehrsteilnehmer diese neue Radfahrmöglichkeit „noch“ nicht gewohnt sind.
Seit der Eröffnung des Radweges auf der Balkantrasse ist der Radverkehr sowohl im Stadtgebiet als auch in beiden Richtungen auf der Telegrafenstraße stark gestiegen. Das impliziert auch eine übliche verkehrsabhängige Zunahme von besonderen Verkehrssituationen. Die Zunahme des Radverkehrs hat u.a. auch für eine verstärkte Frequentierung der Wermelskirchener Gastronomiebetriebe geführt. Aus Sicht der Verkehrsplanung wird die Beibehaltung der vorhandenen Radwegekonzeption favorisiert. Anhand der bisherigen Erfahrungen sollten die Rahmenbedingungen für die Radfahrer in der Telegrafenstraße aber noch verbessert werden. Gemäß der offiziellen Beschilderung ist das Parken in der Zone „Telegrafenstraße“ eindeutig geregelt (Das Parken ist nur in den ausgewiesenen Parkflächen erlaubt). Die Praxis hat gezeigt, dass neben dem Falschparken auf der Linken Seite auch die Haltevorgänge (Be- und Entladung) zu kritischen Situationen führen.
Auf der Basis dieser Verkehrsproblematik ergeben sich zwei Handlungsmöglichkeiten.
1. Einzelmaßnahmen: zusätzliche Maßnahmen die das Parken und Halten erschweren, auch unter Berücksichtigung, dass weiterhin problematische Verkehrssituationen entstehen können (einschl. Unfallgefahr)
2. Errichtung einer durchgehenden Radverkehrsanlage (durch Markierung)
Zu 1) Um das Falschparken noch deutlicher zu verhindern, sollten zwei unterstützende Maßnahmen ausgeführt werden. Zum einen zusätzliche Markierungen auf der Fahrbahn auftragen und zum anderen verstärkte Kontrollen der Falschparker durch das Ordnungsamt. Die zusätzlichen Markierungen (Ausführung wie vor Café Cordella) könnten in den 3 folgenden Bereichen angelegt werden: 1. Einmündung „An der Feuerwache“ 2. Buchhandlung Marabu / Bäckerei 3. Einmündung Brückenweg / BEW- Geschäftsstelle
Bei dieser Konzeption besteht weiterhin die Möglichkeit auf der linken Seite zu Halten und Be- und Entladevorgänge durchzuführen.
Um das Planungsziel einer besonderen Verkehrszone / Begegnungszone noch zusätzlich zur vorhandenen Beschilderung zu unterstützen, sollte im Einfahrtsbereich der Telegrafenstraße Hinweistafeln oder ein Informationsbanner aufgestellt / aufgehängt werden. Die Möglichkeit zur Befestigung eines Banners ist im Einverständnis und in Abstimmung mit den Eigentümern vorab zu klären. Um den zentralen Bereich (Buchhandlung Marabu/Bäckerei) zusätzlich von Haltevorgängen zu schützen, könnte hier ein separates Halteverbot eingerichtet werden (VZ 283). Ergänzend hierzu müssten dann Haltezonen in anderen Bereichen (rechte Seite) angeboten werden.
Zu 2)
Um die Sicherheit für Radfahrer zu verstärken, kann eine durchgehende Markierung einer Radverkehrsanlage auf der linken Seite der Telegrafenstraße aufgebracht werden.
Hierbei gibt es zwei unterschiedliche Lösungsansätze:
2 a) Schutzstreifen
Der Schutzstreifen ist Teil der Fahrbahn. Er darf von Kraftfahrzeugen nur im Bedarfsfall (z. B. Überholvorgang bei haltenden Fahrzeugen an der rechten Straßenseite) befahren werden. Fahrzeuge dürfen auf Schutzstreifen nicht parken. Ein Halten (linke Seite) ist im Grunde nach wie vor noch möglich. Soll zusätzlich das Halten von Kraftfahrzeugen auf Abschnitten verhindert werden, ist die Anordnung eines Haltverbotes erforderlich. Schutzstreifen werden durch Leitlinien mit Schmalstrichen von 1,00 m Länge und 1,00 m Lücke markiert (siehe Berliner Straße und Grünestraße). Ein Schutzstreifen ist in der Regel 1,50 m, mindestens aber 1,25 m breit. Im Fall der Telegrafenstraße kann der Schutzstreifen mit 1,25 m angelegt werden. Im Großteil der Telegrafenstraße ist eine Fahrbahnbreite von rd. 6,20 m vorhanden, so dass dort ein Schutzstreifen angelegt werden kann. Im hinteren Bereich der Telegrafenstraße (HS 1- 3) ist die Fahrbahn lediglich rd. 3,50 m breit. In diesem Bereich kann kein Schutzstreifen angelegt werden (Beibehaltung der jetzigen Verkehrssituation). Die Praxis hat hier gezeigt, dass bei Begegnungen mit größeren KFZ (z.B. Bus) der Radfahrer auf den Gehweg ausweicht. Das geschieht aufgrund des breiten zur Verfügung stehenden Gehweges (unter Nutzung des Flachbordes) ohne Probleme.
2 b) Radfahrstreifen
Radfahrstreifen werden durch einen Breitstrich durchgehend markiert. Sie sind für den Radverkehr immer benutzungspflichtig. Der Radfahrstreifen darf vom Kraftfahrzeugverkehr nicht im Längsverkehr befahren werden, er darf jedoch zum Ein- und Abbiegen sowie zum Erreichen von Parkständen überquert werden. Andere Verkehrsteilnehmer dürfen ihn nicht benutzen. An Einmündungen und stark befahrenen Grundstückszufahrten wird eine Furtmarkierung (0,50 m Strich/0,20 m Lücke) vorgesehen. In Problembereichen empfiehlt es sich, Radfahrstreifen (in der Regel rot) einzufärben. Für die Verdeutlichung der Zweckbestimmung ist die Markierung des Sinnbildes ,,Fahrrad" in der Regel ausreichend (Markierung im Streifen). Radfahrstreifen sollen inklusive der Fahrstreifenbegrenzungen (Breitstrichmarkierung) 1,85 – 2,00 m breit sein. Im Fall der Telegrafenstraße kann der Radfahrstreifen mit 1,85 m angelegt werden. Im Großteil der Telegrafenstraße ist eine Fahrbahnbreite von rd. 6,20 m vorhanden, so dass dort ein Radfahrstreifen angelegt werden kann. Im hinteren Bereich der Telegrafenstraße (HS 1- 3) ist die Fahrbahn lediglich rd. 3,50 m breit. In diesem Bereich kann kein Radfahrstreifen angelegt werden (Beibehaltung der jetzigen Verkehrssituation). Im Bereich der ehemaligen Post sind 4 Senkrechtparkplätze vorhanden. Hier müsste die Breite des Radfahrstreifens vergrößert werden. Die Gesamtbreite des Radfahrstreifens beträgt in diesem Bereich 1,85 m + 0,75 m = 2,60 m
Zusammenfassung
Zum einen gibt es die Möglichkeit eine Verbesserung für die Radfahrer mit einzelnen kleinen Ergänzungen zu erreichen (Minimallösung siehe 1) und zum anderen kann eine größere Sicherheit für Fahrradfahrer über einen Radfahrstreifen erreicht werden (Maximallösung siehe 2 b).
Minimallösung Vorteil: Außerhalb des zentralen Bereiches (Buchhandlung Marabu/Bäckerei) ist das Halten auf der linken Seite nach wie vor möglich. Die grundlegende Planungsidee des verkehrsberuhigten Geschäftsbereiches bleibt bestehen.
Nachteil: Problemsituationen durch parkende oder haltende Fahrzeuge auf der linken Seite der Telegrafenstraße können weiterhin entstehen.
Maximallösung Vorteil: Es ist davon auszugehen, dass die Konfliktsituationen durch parkende oder haltende Fahrzeuge auf der linken Seite der Telegrafenstraße stark reduziert werden (gänzlich vermieden können sie nicht werden, denn eine 24 h Kontrolle kann nicht sichergestellt werden).
Nachteil: Da der Radfahrstreifen nicht überfahren werden darf, ergibt sich im Fall (z. B. Überholvorgang eines haltenden LKW´s an der rechten Straßenseite), dass das KFZ gezwungen ist anzuhalten. Das bedeutet, dass aufgrund der verbleibenden Restfahrbahnbreite keine Ladezonen auf der rechten Seite eingerichtet werden können.
Neben den vorgenannten Maßnahmen, die im Handlungsbereich der Stadt liegen, sollte die Polizei aufgefordert werden, regelmäßig Geschwindigkeitskontrollen an verschiedenen Streckenabschnitten der Telegrafenstraße durchzuführen.
Unabhängig von allen geplanten Maßnahmen muss hier nochmals deutlich auf die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer und auf eine gegenseitige Rücksichtnahme im täglichen Straßenverkehr hingewiesen werden.
Davon unbenommen, kann der gesamte Verkehrsversuch zurückgenommen werden, wenn man keinen der Beteiligten mehr / oder weniger Rechte in der Telegrafenstraße einräumen möchte.
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