1) Schadensumfang
Seit 07/2005 ist bekannt, dass die Fassade des Bürgerzentrums schadhaft ist. Seit diesem Zeitpunkt wird die Fassade mit Gerüsten und Absperrzäunen gesichert.
2007 wurde die Fassade komplett erfasst mit dem Ziel, Durchbiegungen > 2mm auf 1m Plattenlänge zu ermitteln. Diese Vorgehensweise wurde von Prof. Ötes (Uni Dortmund) in Zusammenarbeit mit Herrn Deppisch (LGA Würzburg) vorgegeben. Seinerzeit wurden so rd. 32 % der Platten als geschädigt deklariert.
Die damaligen Ergebnisse ließen weiterhin eine längerfristige Diskussion über Teil- oder Komplettsanierung der Fassade entstehen. Schließlich wurde durch Amt 61 in den Jahren 2010/2011 untersucht, ob die Fassade zusammen mit Heizungen in städtischen Gebäuden im Wege des Contractings saniert werden könnte. Diese Möglichkeit wurde jedoch aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen nicht realisiert.
Nach dem ersten großen Einbruch der Gewerbesteuer im Jahr 2011 war eine weitere erhebliche Senkung der Gewerbesteuern in 2012 zu verzeichnen. Deshalb konnte allein aus finanziellen Gründen nicht unverzüglich mit der Fassadensanierung begonnen werden.
Im zweiten Halbjahr 2012 fand erneut eine Untersuchung der Fassade statt. Sie wurde gemeinsam von dem Prof. für Geologie Siegesmund und dem Statikbüro Prof. Pfeiffer auf der Grundlage eines EU-Forschungsprojektes durchgeführt. In den letzten Jahren sind in Deutschland vermehrt Schäden an Marmorfassaden bekannt geworden, so dass nunmehr weitergehende Erkenntnisse über diese Fassadenbekleidung vorliegen.
Alle Platten wurden fotografiert, vermessen und in ein Kataster eingetragen. Somit sind der Zustand und die Durchbiegung jeder Platte dokumentiert. Die Gutachter haben dann jede Platte auf Durchbiegung und vorhandene Risse untersucht und beurteilt. Hiernach sind von den 1.858 Platten am Polizeigebäude und 7.858 Platten am Bürgerzentrum (Summe = 9.716 Fassadenplatten) rund 50 % defekt.
Wie lange die zurzeit als sicher beurteilten Platten ausreichend standfest bleiben kann nicht prognostiziert werden. Aufgrund von Witterungseinflüssen können auch heute ausreichend standsichere Platten in den nächsten Jahren so entfestigen, dass diese ausgetauscht werden müssen. Die Bewertung der Platten ist unter der Prämisse erfolgt, dass in den Jahren 2014, 2017, 2020 und 2022 ein Monitoring durchgeführt wird. Der Gutachter hat die Kosten für ein Monitoring auf jeweils rund 50.000 Euro geschätzt.
Der „Arbeitskreis Fassade“ wurde in seinen Sitzungen am 10.07.2012 und am 20.12.2012 ausführlich über den Sachstand informiert. Außerdem haben alle Fraktionen die am 20.12.2012 gezeigte Präsentation per E-Mail übersandt bekommen.
2) Rechtliche Rahmenbedingungen:
Energieeinsparverordnung (EnEV): Die Energie-Einspar-Verordnung (aktueller Stand 29.04.2009) gibt in § 9 (3) vor, dass bei Änderungsmaßnahmen > 10 % das gesamte Bauteil (hier also die Fassade) die Bedingungen der EnEV erfüllen muss. Außerdem darf nach § 11 der EnEV der bestehende energetische Zustand nicht verschlechtert werden. Seit 2012 wurde eine Novellierung und Verschärfung der Vorgaben der EnEV angekündigt; diese Novellierung ist bis heute noch nicht in Kraft getreten, dies wird jedoch für 2014 erwartet. Da zukünftige Maßnahmen an der Fassade sich nach dem dann geltenden Recht richten müssen, geht die Verwaltung in den Anforderungen derzeit von den Werten der „EnEV 2014“ aus. Das heißt bei einer Sanierung ist die Wärmedämmung den Vorschriften der EnEV anzupassen.
Urheberrecht: Der Architekt des Bürgerzentrums, Herr Lambart (Ratingen), hat aufgrund des Urheberrechts Mitspracherecht bei erheblichen Eingriffen in die Architektur des Gebäudes; dies hat die Verwaltung in 2011 anwaltlich prüfen lassen. Ein solcher Eingriff ist bei einer Umgestaltung der Fassade gegeben und die Ansprüche des Architekten aus dem Urheberrecht wahrscheinlich. Zwischenzeitlich hat die Verwaltung in Gesprächen mit dem Architekten erreicht, dass dieser auf sein Urheberrecht verzichtet. Dies hat er mit Schreiben vom 20.03.2013 rechtssicher dokumentiert.
Vergaberecht: Nach § 9 (Architekten- und Ingenieurleistungen) der Dienstanweisung für das Vergabewesen der Stadt Wermelskirchen vom 30.03.2007 bei Baumaßnahmen sind für Planungsleistungen ab einer anzunehmenden Gesamtbaukostenerwartung von 300.000 € ein Planungswettbewerb durchzuführen. Jede der möglichen Maßnahmen (außer „Zustand belassen“) lässt kurzfristige Kosten über diesem Betrag erwarten. Bei Bauleistungen von 15.000 – 999.999 € (brutto) kann beschränkt ausgeschrieben werden, ab 1.000.000 € (brutto) ist öffentlich auszuschreiben. Diese große Spanne für beschränkte Ausschreibungen gilt in Übereinstimmung mit dem Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 06.12.2012 derzeit nur für das Jahr 2013; mit einer deutlichen Reduzierung dieses Wertes ist zu rechnen. Bei Bauleistungen ab 5.000.000 € (netto) ist europaweit auszuschreiben.
3) Sanierungsvarianten:
3.1) Zustand belassen, Objekt weiter sichern
Wenn die schadhaften Platten nicht ausgetauscht werden, muss der Bereich um das Bürgerzentrum gegen herabfallende Platten weiterhin gesichert werden. Diese Maßnahmen werden Kosten verursachen für Miete/Kauf des Gerüsts, Miete/Kauf der Sicherungsnetze und die vorgeschriebenen regelmäßigen Kontrollen des Gerüsts. Pro Jahr wird ein Betrag von durchschnittlich mindestens 50.000 € erwartet.
Kosten: 500.000 € in 10 Jahren
Vorteile: + Der finanzielle Einsatz ist zunächst geringer als die Sanierung der Fassade
Nachteile: - Die Sanierung der Fassade muss später nachgeholt werden - Die Kosten der Fassadensanierung werden steigen - Der optische schlechte Eindruck des Bürgerzentrums bleibt bestehen - die Reduzierung der öffentlichen Parkplätze am BZ bleibt bestehen - die Betriebskosten des Bürgerzentrums bleiben sehr hoch
Zeitrahmen: sofort, dauernd, wahrscheinlich bis 2023
3.2) Platten mit Stahlnetzen sichern
Ein örtlicher Handwerkerbetrieb hat zusammen mit einer in Deutschland führenden Firma für Stahlnetze eine Lösung für eine temporäre hochwertigere und optisch ansprechendere Sicherungsmaßnahme entworfen. Hiernach können die Flächen des Gebäudes außen mit Stahlrohrrahmen versehen werden, zwischen denen dann Stahlnetze zur Sicherung der Fassadenplatten gespannt werden. Diese Lösung ist optisch deutlich besser und erfordert keinen Sicherheitsabstand wie das vorhandene Gerüst und die Absperrzäune. Nachteil wäre, dass das Stahlnetz auch vor den Fensteröffnungen verlaufen würde. Der großflächige Bruch der Fassadenplatten könnte so durch die Stahlnetze aufgefangen werden, bei einer kleinteiligen Zerstörung der Fassadenplatten ist die Maschengröße entscheidend, ob und in welcher Größe Teile der Fassadenplatten nach außen dringen könnten. Vorbehaltlich weiterer Prüfungen kann man derzeit davon ausgehen, dass die Maschengröße zwischen 5 – 10 cm liegen wird. Die Handwerker prognostizieren Kosten von 110,- €/m² über die gesamte Fassadenflächen (auch über die Fenster).
Kosten: 1,3 Mio. Euro
Vorteile: + Das Sicherungsgerüst und der Bauzaun können abgebaut werden + Die gesperrten Parkplätze können wieder freigegeben werden
Nachteile: - Die Sanierung der Fassade muss später nachgeholt werden - Die Kosten der endgültigen Fassadensanierung werden steigen - Maßnahme ist von der Oberen Bauaufsichtsbehörde zu genehmigen - Die Bauaufsicht muss der Entfernung der Sicherung zustimmen
In den Kosten sind 200.000 € für Fassadenreinigungsarbeiten enthalten
Zeitrahmen: in 2013/2014
3.3) Platten mit Kassetten sichern
Ein örtlicher Handwerkerbetrieb hat eine Lösung für eine temporäre und ansprechendere Sicherungsmaßnahme entworfen. Er schlägt vor, in die Lücken zwischen den Fassadenplatten gefalzte Bleche zu integrieren und dann alle vorhandenen Fassadenplatten einzeln abzusichern. Dies könnte zum Beispiel durch Lochbleche geschehen. Diese Lösung ist optisch deutlich besser und sie erfordert keinen Sicherheitsabstand wie das vorhandene Gerüst und die Absperrzäune. Die Kosten pro m² sind bei dieser Lösung nach Angabe der Handwerker etwas höher als bei der Stahlnetz-Lösung (140,- €/m²), dafür würden aber die Fensterbereiche frei bleiben und somit die Gesamtkosten nahezu identisch mit der Stahlnetzlösung sein. Es ist zu prüfen, ob außer Lochblechen auch andere Materialien (z.B. Stahlnetze) sinnvoll eingesetzt werden könnten.
Kosten: 1,3 Mio. Euro
Vorteile: + Das Sicherungsgerüst und der Bauzaun können abgebaut werden + Die gesperrten Parkplätze können wieder freigegeben werden
Nachteile: - Die Sanierung der Fassade muss später nachgeholt werden - Die Kosten der endgültigen Fassadensanierung werden steigen - Maßnahme muss von der Oberen Bauaufsichtsbehörde genehmigt werden - Die Bauaufsicht muss der Entfernung der Sicherung zustimmen
In den Kosten sind 200.000 € für Fassadenreinigungsarbeiten enthalten.
Zeitrahmen: 2013/2014
3.4) Komplette Sanierung der Fassade
Es ist ein Architektenwettbewerb durchzuführen mit dem Ziel, die Fassade entsprechend den aktuellen rechtlichen Bedingungen zu sanieren. Da die Fassadenart nicht feststeht, können keine berechneten Kosten genannt werden. Es wird ein finanzieller Aufwand von 2,5 – 4,0 Mio. Euro in Abhängigkeit der Fassadengestaltung nur für die Fassadensanierung erwartet.
Im Haushaltsplan 2013 hat das Hochbauamt 91.000 € für energetische Untersuchungen der Haustechnik des Bürgerzentrum eingestellt. Wenn die Fassade zeitnah saniert werden soll, sind auch die Belange der übrigen Bauteile (Fenster, Dach, Dachränder, Heizung, Kältebrücken) mit zu untersuchen. Danach sind die Sanierungskosten der jeweiligen Bauteile hinreichend bekannt, um diese im Haushalt zu veranschlagen; die Gesamtkosten der Untersuchung würden dann auf 190.000 € steigen.
Kosten: bis zu 4,0 Mio. Euro
Vorteile: + Das Sicherungsgerüst und der Bauzaun können abgebaut werden + Die gesperrten Parkplätze können wieder freigegeben werden + Die Fassade wird energetisch und optisch aktuell + die Betriebskosten des Bürgerzentrums werden gesenkt + Prüfung von Fördermöglichkeiten dieser energetischen Maßnahmen
Nachteile: - Es sind Kosten für die Fassadensanierung (ohne andere bauliche Maß- nahmen) bis zu 4,0 Mio. Euro zu erwarten - Die Kosten der korrespondierenden Maßnahmen (Heizung, Fenster, Dach, usw.) sind erst nach der Untersuchung bekannt
Zeitrahmen: 2013 - 2017
4) Empfehlung der Verwaltung:
Die Verwaltung empfiehlt die weitere Prüfung der Variante 3.4 (Sanierung der Fassade).
Hierfür ist in einem 1. Schritt eine energetische Bestandsaufnahme des gesamten Gebäudes sinnvoll. Bereits in den Haushalt 2013 hat die Verwaltung hierfür Kosten für eine energetische Untersuchung und einer Umsetzungsplanung einschließlich der Untersuchung der Folgekosten und Zuschussfragen in Höhe von 91.000 Euro eingebracht. Dieser Kostenansatz bezieht sich aber nur auf die Untersuchung der haustechnischen Bereiche. Sonstige energierelevante Bauteile, so auch die Außenhaut des Gebäudes (Fenster, Fassade, Dach), sind nicht berücksichtigt. Hinsichtlich einer anzunehmenden Restnutzungsdauer von bis zu 50 Jahren ist es sinnvoll die energetische Betrachtung auf alle Gebäudeteile zu beziehen und das Bürgerzentrum
ganzheitlich zu erfassen. Erst mit Vorliegen einer solchen Untersuchung liegen gesicherte Daten vor, wie die einzelnen Bauteilen wirtschaftlich und energetisch sinnvoll beplant werden sollen.
Der Ablauf der Maßnahme gestaltet sich bei einer entsprechenden Beschlussfassung wie folgt:
Beratung im Ausschuss für Umwelt und Bauen am 02.05.2013.
Beratung im HuF am 06.05.2013
Beschlussfassung in der Sitzung des Rates am 13.05.2013 neben der Haustechnik auch sonstige Bauteile des Bürgerzentrums in der energetischen Untersuchung zu berücksichtigen und diese zu untersuchen.
Ausschreibung und Beauftragung der energetischen Untersuchung
? Verabschiedung des Haushalts im Juli 2013 ? Genehmigung des Haushalts im August 2013 ? Erstellung des Leistungsverzeichnisses bis Oktober 2013 ? Submission und Auftragsvergabe bis Dezember 2013 ? Vorlage der Untersuchungsergebnisse bis Dezember 2014
Nach Vorlage der Untersuchungsergebnisse erfolgt nach Vorprüfung durch die Verwaltung die Beratung im Ausschuss für Umwelt und Bauen, im Huf und im Rat der Stadt. Die Verwaltung erwartet mit Vorlage der Untersuchungen eine konkrete Datenlage. Auf dieser Grundlage kann dann über die durchzuführenden Maßnahmen entschieden werden.
Maßnahme bis Vorlage Gutachten 12/2014 Beschlussfassung weitere Vorgehensweise 02/2015 Durchführung Wettbewerb 07/2015 Entscheidung weitere Vorgehensweise 09/2015 Beplanung 09/2016 Umsetzung 06/2017
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