Vorlage - RAT/2651/2013  

 
 
Betreff: Eingaben gemäß § 24 Gemeindeordnung NRW - Korbacher Resolution / online-Petition
Energiewende ohne Fracking
Status:öffentlich  
Federführend:Amt für Wirtschaft, Umwelt und Stadtentwicklung Bearbeiter/-in: Zemella, Brigitte
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umwelt und Bau Vorberatung
19.11.2013 
Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Bau ungeändert beschlossen   
Rat der Stadt Entscheidung
25.11.2013 
29. Sitzung des Rates der Stadt ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Finanzielle Auswirkungen
Anlagen:
Eingabe  
StuGb 2013-07-01fracking-1  
Korbacher Resolution gegen Fracking  
aufsuchungsfelder_karte bezreg Arnsberg  
BezRegArnsberg aufsuchungsfelder_beantragt-1  
BezRegArnsberg aufsuchungsfelder_erteilt  

Beschlussvorschlag:

Der Rat der Stadt nimmt die Eingabe zur Kenntnis.

Der Rat der Stadt beauftragt die Verwaltung - vor dem Hintergrund der bereits geschlossenen online-Petition - einen Appell im Sinne der Korbacher Resolution an die im Land zuständigen Ministerien (Wirtschaftsministerium und Umweltministerium) zu richten, um so die Bedenken und die Ablehnung der Stadt Wermelskirchen zum Fracking zu bekunden.

 


Sachverhalt:

 

Antrag gemäß § 24 Gemeindeordnung NW

Gemäß § 24 GO NW beantragen Herr Dr. Volker Thiele und Herr Prof. Dr. Erhard Mohr mit Schreiben vom 17. Juni 2013 die Behandlung des Themas "Energiewende ohne Fracking" im Rat der Stadt (siehe Anlage 1).

Die Antragsteller haben in zahlreichen Städten und Gemeinden diesen Antrag gleichlautend gestellt. Zur Frage, ob sich der Rat mit dieser Eingabe beschäftigen sollte, hat der Städte- und Gemeindebund in NRW den Kommunen empfohlen, die Eingabe dem Rat vorzulegen und den Petenten zu bescheiden (Anlage 2).

 

Gemäß § 24 der Gemeindeordnung hat jeder das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten der Gemeinde an den Rat oder die Bezirksvertretung zu wenden. Die Zuständigkeiten der Ausschüsse, der Bezirksvertretungen und des Bürgermeisters werden hierdurch nicht berührt. Die Erledigung von Anregungen und Beschwerden kann der Rat einem Ausschuss übertragen. Der Antragsteller ist über die Stellungnahme zu den Anregungen und Beschwerden zu unterrichten.

 

Mit dem Bürgerantrag weisen die Antragsteller auf die mit dem so genannten Fracking verbundenen Risiken bei der Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten hin und regen an, dass sich die Stadt Wermelskirchen bzw. deren politische Vertreter einer online-Petition (Anlage 3) zur Durchführung einer „Energiewende ohne Fracking“ anschließt.

 

 

Was ist die Korbacher Resolution?

Am 4. und 5. Mai 2013 haben sich in Korbach AntiFrackingInitiativen aus Deutschland zur stärkeren Vernetzung und zum Erfahrungsaustausch getroffen. Folgende Forderungen richteten die Bürgerinitiativen gegen Fracking an Bund, Länder und die Europäische Union:

 

 

  • Ein sofortiges ausnahmsloses Verbot sämtlicher Formen von Fracking bei der Erforschung, Aufsuchung und Gewinnung fossiler Energieträger. Dies ist unabhängig davon, ob die Rissbildung mit oder ohne den Einsatz giftiger Chemikalien, hydraulisch oder andersartig erzeugt wird.
  • Ein generelles Import und Handelsverbot von „gefrackten“ fossilen Energieträgern.
  • Ein generelles Verbot der Verpressung des Rückflusses oder der untertägigen Ablagerung von Fluiden und Lagerstättenwässern.
  • Eine Novellierung des Bergrechts. Die höchsten Umweltstandards und Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit haben im Fokus der Novellierung zu stehen.
  • Ein konsequentes Umsetzen der politisch beschlossenen Energiewende, d.h. Abkehr von fossilen Brennstoffen, Ausbau der erneuerbaren Energien und Steigerung der Energieeffizienz.

 

 

Das Verfahren

Das Hydraulic Fracturing kurz Fracking ist eine Methode der geologischen Tiefbohrtechnik zur Erschließung von unkonventionellen[1] Gaslagerstätten in Kohle-, Ton- oder Schiefergestein. Bei dieser Technik wird mit unterschiedlichen Zusätzen angereichertes Wasser unter hohem Druck in die erdgashaltigen Gesteinsschichten verpresst. So entstehen Risse, die die Durchlässigkeit des Gesteins erhöhen und das Abströmen des Erdgases an die Oberfläche ermöglichen. Das angereicherte Wasser - die so genannten Frack-Fluide enthält neben Sand und Keramikpartikeln zur Offenhaltung der Risse verschiedene Chemikalien, u.a. Biozide, Korrosionsschutzmittel, Säuren, Gelbildner und Tenside. Die jeweilige Zusammensetzung der Frack-Fluide richtet sich nach den vorhandenen geologischen Gegebenheiten.

 

 

Fracking in der Diskussion

Der Einsatz der Fracking-Technologie in Deutschland ist in der Bevölkerung, Politik und größtenteils im wissenschaftlichen Bereich höchst umstritten und daher zurzeit bundesweit in der Diskussion.

 

Zu den befürchteten negativen Auswirkungen des Frackings zählen die Kontaminationen des Grund- und Trinkwassers, ein hoher Verbrauch an Wasser und Fläche, beträchtliche Verkehrs- und Lärmbelastungen und die Gefahr von Mikrobeben und Bergsenkungen.

Insbesondere der Einsatz der zahlreichen umwelttoxischen Chemikalien, die zum Teil gar nicht bekannt sind, birgt erhebliche Risiken für die Schutzgüter Wasser, menschliche Gesundheit, Boden, biologische Vielfalt und Klima.

 

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU)[2] hat im Mai 2013 eine Stellungnahme (Nr. 18) zum Thema “Fracking zur Schiefergasgewinnung“ vorgelegt und kommt zu folgenden Schlussfolgerungen:

  • Fracking ist energiepolitisch nicht notwendig und kann keinen maßgeblichen Anteil zur Energiewende leisten.
  • Fracking ist im kommerziellen Umfang derzeit wegen gravierender Wissenslücken nicht zuzulassen
  • Fracking ist erst auf der Basis positiver Erkenntnisse aus systematisch zu entwickelnden Pilotprojekten verantwortbar.

 

 

Der Landtag NRW hat am 15. Mai 2013 einen Entschließungsantrag der CDU-Fraktion angenommen, in dem die Erdgasgewinnung durch Fracking nach dem derzeitigen Stand der Technik abgelehnt wird. Eine Zulassung dieser Technologie soll erst dann erfolgen, wenn sie technisch ohne den Einsatz toxischer und wassergefährdender Stoffe möglich ist.

 

Das Präsidium des Städte und Gemeindebundes hat am 27.06.2013 beschlossen:

  • Das Präsidium begrüßt, dass die Landesregierung (NRW) keine Genehmigung für die Erkundung oder Gewinnung von unkonventionellen Erdgasvorkommen unter Einsatz von Chemikalien (sog. Fracking) erteilen wird, solange keine ausreichenden Erkenntnisse Gefährdungen von Mensch und Umwelt sowie insbesondere der Trinkwasserversorgung sicher ausschließen zu können.
  • Das Präsidium sieht es als erforderlich an, nicht nur auf den Schutz von Wasserschutzgebieten oder Heilquellenschutzgebieten abzustellen. Vielmehr muss grundsätzlich sichergestellt sein, dass durch etwaige Folgeschäden weder die Trinkwassergewinnung und der Naturhaushalt noch die bauliche und landwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken beeinträchtigt werden.
  • Das Präsidium bekräftigt seine Unterstützung der Landesregierung darin, sich auf Bundesebene für eine Änderung des Bundesberggesetzes und der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben einzusetzen, die eine Gefährdung dieser Schutzgüter ausschließt und insoweit über die bisherigen Änderungsvorschläge hinausgeht. Darüber hinaus muss verfahrensrechtlich eine frühzeitige und umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit und der Kommunen sichergestellt werden.

 

Anpassungen der gesetzlichen Regelungen (insbesondere Bundesberggesetz, Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben und Wasserhaushaltsgesetz), die im 1. Halbjahr 2013 vorgesehen waren, stehen noch aus.

Die Landesregierung NRW hat ein Moratorium erlassen, bis zur Klärung der Gefährdungsfragen Fracking nicht zu erlauben.

Mit diesem Moratorium soll verhindert werden, dass Fracking faktisch erlaubt werden muss, weil die alte Gesetzeslage weiterhin gilt. Die besagt:

-     kein verpflichtendes Einvernehmen mit den Wasserbehörden

-     keine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung

-     kein Ausschluss von Fracking in Wasserschutzgebieten.

 

 

 

Sachstand zum Fracking in NRW

Zurzeit findet in Nordrhein-Westfalen keine Erdgasgewinnung unter Einsatz der Fracking-Methode statt.

 

Die zuständige Bezirksregierung Arnsberg als Bergbaubehörde in Nordrhein-Westfalen hat bisher 22 bergrechtliche Erlaubnisse zur Aufsuchung unkonventioneller Erdgaslagerstätten an verschiedene Firmen erteilt, die ca. 60 % der Landesfläche von Nordrhein-Westfalen betreffen (Karte, siehe Anlage 4); sieben Felder sind beantragt, aber Erlaubnisse sind noch nicht erteilt.

 

Diese Erlaubnisse berechtigen die Unternehmen, in dem jeweils beantragten Gebiet exklusiv Betriebsplanzulassungen für Bohrungen zur Aufsuchung von unkonventionellem Erdgas zu beantragen. Die Aufsuchungserlaubnisse dienen damit im Wesentlichen dem Schutz vor konkurrierenden Mitbewerbern an der Aufsuchung. Ob die Erlaubnislisten abschließend sind oder aufgrund des Moratoriums mögliche weitere Anträge für Erlaubnisse ruhen, ist derzeit nicht zu sagen.

 

 

 

 

Eine Gestattung für einen Eingriff zur Gewinnung des Erdgases ist mit der Erlaubnis nicht verbunden. Dazu bedarf es einer bergrechtlichen Bewilligung, die bisher in NRW nicht erteilt wurde und zurzeit auch nicht erteilt wird. Bisher liegen keine standortspezifischen Anträge auf Erteilung einer bergrechtlichen Bewilligung zur Gewinnung von Erdgas und keine konkreten Förderstrategien und bergrechtliche Bewilligungsanträge zur Erdgasgewinnung vor.

 

 

Situation Wermelskirchen

Der Rheinisch-Bergische Kreis und die Stadt Wermelskirchen sind in der Karte der erteilten oder beantragten Erlaubnisfelder der Bezirksregierung Arnsberg nicht aufgeführt, die Bezirks-regierung Arnsberg hat für unsere Region keine Aufsuchungserlaubnisse erteilt. Aktuell ist Wermelskirchen damit nicht direkt betroffen.

Unkonventionelle Erdgas-Lagerstätten in NRW werden jedoch auch im Rheinischen Schiefergebirge vermutet[3]. Wermelskirchen gehört zum Rheinischen Schiefergebirge; es ist deshalb nicht auszuschließen, dass zu einem späteren Zeitpunkt entsprechende Anträge auch für den Bereich um Wermelskirchen gestellt werden.

 

Da die online-Petition ab dem 8. November 2013 geschlossen wird, empfiehlt die Verwaltung, stattdessen einen Appell der Stadt Wermelskirchen im Sinne der Korbacher Resolution an die im Land zuständigen Ministerien (Wirtschaftsministerium und Umweltministerium) zu richten, um so die Bedenken und die Ablehnung der Stadt Wermelskirchen zum Fracking auszudrücken.

 

 

 

 

 

 

 


[1] Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten unterscheidet sich in der Zusammensetzung nicht von konventionellem Erdgas. Die Bezeichnung „unkonventionell“ bezieht sich lediglich auf die Lagerstätte, in der das Gas gespeichert ist. Bei konventionellen Vorkommen ist das Erdgas in gut durchlässigen Gesteinen enthalten. Die Vorkommen können ohne spezielle Bohrtechniken erschlossen und genutzt werden. Im Gegensatz hierzu muss bei der Förderung von Gas aus unkonventionellen Lagerstätten erst das umliegende Gestein aufgebrochen (engl. fracturing) oder stimuliert werden, damit das im Gestein gebundene Erdgas entweichen und durch das Bohrloch an die Oberfläche strömen kann. Aufgrund dieser speziellen Bohrtechniken war die Gewinnung von Gas aus solchen Lagerstätten lange Jahre unwirtschaftlich.

[2] Der Sachverständigenrat für Umweltfragen gehört zu den ersten Institutionen wissenschaftlicher Politikberatung für die deutsche Umweltpolitik. Er wurde 1972 von der Bundesregierung eingerichtet. Besondere Merkmale des SRU sind seine Interdisziplinarität und seine fachliche Unabhängigkeit. Er besteht aus 7 Professorinnen und Professoren mit besonderer Umweltexpertise, die unterschiedliche Fachdisziplinen vertreten. Diese werden von der Bundesregierung für vier Jahre ernannt.

[3] Meiners, H. Georg et al.: Fracking in unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten in NRW, 2012

online im Internet: http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/pdf/gutachten_fracking_nrw_2012.pdf

 


Anlage/n:

Anlage 1: Eingabe gemäß § 24 GO NW

Anlage 2: Schnellbrief Städte- und Gemeindebund

Anlage 3: online-Petition

Anlage 4: NRW-Karte Bergbauberechtigungen zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Eingabe (480 KB)      
Anlage 2 2 StuGb 2013-07-01fracking-1 (34 KB)      
Anlage 6 3 Korbacher Resolution gegen Fracking (18 KB)      
Anlage 3 4 aufsuchungsfelder_karte bezreg Arnsberg (1239 KB)      
Anlage 4 5 BezRegArnsberg aufsuchungsfelder_beantragt-1 (15 KB)      
Anlage 5 6 BezRegArnsberg aufsuchungsfelder_erteilt (48 KB)      

FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN:

 

Ja

x

Nein

FINANZIELLE ABSICHERUNG DER AUSGABEN BEI:

 

Gesamtkosten der Maßnahme Beschaffungs/ Herstellungskosten einschl. MWSt.)

zur Verfügung stehende Mittel:  Ansatz, Ausgaberest

Verpflichtungsermächtigung

 

EUR

 

EUR

 

EUR

hrliche zusätzliche Folgekosten:

 

EUR

 

Keine

Der Betrag steht haushaltsmäßig in voller Höhe zur Verfügung: (bei Nein: Stellungnahme der Kämmerei erforderlich)

 

 

Ja

 

Nein

Auswirkungen auf das Haushaltssicherungskonzept: (bei Ja: Stellungnahme der Kämmerei erforderlich)

 

 

Ja

 

Nein

Wenn Ja, welche:

 

 

 

 

Datum, Unterschrift