Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Umwelt und Bau nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
Sachverhalt: Antragsinhalt: Prüfauftrag an die Verwaltung, mit dem Marketingverein WiW Möglichkeiten zu untersuchen, eine ʹWermelskirchener (Mehrweg-)Tasseʹ in der Gastronomie zu etablieren. Die Mehrwegtasse soll die üblichen Wegwerfbecher Coffee-to-go ersetzen. Ziel: Kunststoffmüllvermeidung und Stadt-Marketing.
Bisherige Beratungsergebnisse: Der Ausschuss für Umwelt und Bau hat am 20.11.2018 den Antrag zurückgestellt, bis die Verwaltung rechtliche Aspekte zur Hygiene beim Umgang mit Individualbechern geprüft hat, um danach über den Antrag zu entscheiden. Am 10.12.2018 hat der Rat der Stadt Wermelskirchen den Antrag zurückgestellt, bis die Verwaltung die rechtliche Prüfung abgeschlossen hat.
Vorbemerkungen[1]: Problem: Die Menge aller Unterwegs-Getränkebecher für heiße und kalte Getränke hat sich seit der Jahrtausendwende verdreifacht: 110.000 Tonnen Abfall fielen in Deutschland für
Einsatz Mehrwegbecher: Zur Minderung der Umweltauswirkungen und des Abfallaufkommens von Einwegbechern können Mehrwegbecher genutzt werden. In puncto Hygiene bestehen jedoch einige Unsicherheiten, ob die Abfüllung möglich ist Die Verbraucherzentrale NRW kommt zu dem Ergebnis, dass es gesetzlich nicht verboten ist, ein Heißgetränk in einen mitgebrachten Becher zu füllen. Sollten Verunreinigungen zu gesundheitlichen Problemen führen, tragen die Anbieter jedoch das Haftungsrisiko. Laut Lebensmittelüberwachung ist ein solcher Fall bisher nicht bekannt1.
Begriffsbestimmungen
Mittlerweile gibt es in immer mehr Städten Pfandsysteme als Alternative für die Wegwerfbecher. Meist zahlen Verbraucher 1 € Pfand für den Becher, den sie dann beim nächsten Einkauf gegen einen sauberen Becher wieder eintauschen können.
Recherche der Verwaltung: Unterschiedliche Veröffentlichungen angesehener Organisationen bestätigen, dass Mehrwegsysteme sicher einzusetzen sind, wenn notwendige Anforderungen (wie Hygiene, Materialanforderungen, Handhabung) eingehalten werden.
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. BLL (2018): Merkblatt „Coffee to go“-Becher (s. Anlage 2) Das Merkblatt gilt im Sinne des Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 als anerkannte Leitlinie der Guten Verfahrenspraxis und stellt eine bundesweit einheitliche Orientierung für die Anwender- und Überwachungspraxis dar. Das Merkblatt wird vorgelegt und unterstützt von den Verbänden, die bundesweit Einzelunternehmen oder systemgeführte Lebensmittelunternehmen mit freiwilligen „Coffee to go“-Angeboten vertreten sowie vom Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure e.V. (BVLK). In dem Merkblatt heißt es: "Angebote zur (Wieder-)Befüllung mitgebrachter, kundeneigener Mehrwegbecher mit Heißgetränken zur Mitnahme („Coffee to go“) sind in Betriebsstätten der Gastronomie, Systemgastronomie, Gemeinschaftsverpflegung und im Einzelhandel grundsätzlich möglich, sofern die jeweils verantwortlichen Lebensmittelunternehmer sich freiwillig hierfür entscheiden. … Nach den Grundsätzen des Lebensmittelrechts ist der Lebensmittelunternehmer primär für die Sicherheit der von ihm in Verkehr gebrachten Lebensmittel verantwortlich…"
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 2018: Fragen und Antworten zur Nutzung Frage: "Besteht durch das Abfüllen von Heißgetränken in mitgebrachte Mehrwegbecher das Risiko einer gesundheitlichen Beeinträchtigung der Nutzerin oder des Nutzers? Antwort: Bei Heißgetränken ist das Infektionsrisiko generell als eher gering einzuschätzen, da die meisten Bakterien bei den hohen Temperaturen absterben. Bei Beachtung der Hygieneempfehlungen und sachgerechter Handhabung ist nicht mit einem wesentlichen zusätzlichen gesundheitlichen Risiko durch das Abfüllen von Heißgetränken in mitgebrachte Mehrwegbecher zu rechnen. Frage: Welche Regelungen gibt es zur Einhaltung von Hygiene-Anforderungen? Antwort: Zuständig für den Lebensmittelbetrieb vor Ort ist die jeweilige Lebensmittelüberwachungsbehörde. Grundlage ist die bundeseinheitliche Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) zur Regelung der Hygiene-Anforderungen beim gewerbsmäßigen Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln. Entsprechend dürfen Lebensmittel, die an Verbraucherinnen und Verbraucher abgegeben werden, keinerlei nachteiligen Beeinflussungen ausgesetzt sein. Die Hauptverantwortung dafür trägt das Lebensmittelunternehmen - beim Befüllen mitgebrachter Mehrwegbecher das Verkaufspersonal des jeweiligen Heißgetränks. Insofern obliegt ihm die Prüfung und Entscheidung, ob es mitgebrachte Mehrwegbecher zum Befüllen akzeptiert."
RAL gGmbH, Bonn 2019: "Blauer Engel"-das Umweltzeichen «Mehrwegbechersysteme DE-UZ 210» Ziel des Umweltzeichens für Mehrwegbechersysteme ist es, Einwegbecher zu reduzieren und umweltverträgliche Mehrwegbechersysteme zu stärken. Die Kriterien beinhalten sowohl Anforderungen an die Becher selbst als auch an die Anbieter / Ausschankbetriebe.
Die Mehrwegbecher müssen ein „werkstoffliches Recycling“ ermöglichen, sie müssen also aus sortenreinem Kunststoff ohne Beschichtung mit anderen Materialien hergestellt werden (Materialanforderungen). Außerdem müssen die Becher langlebig sein und eine Lebensdauer von mindestens 500 Spülzyklen aufweisen. Weiterhin muss ein Pfand auf Becher und Deckel gefordert werden. Zudem müssen Becher und Deckel am Ende ihrer Lebensdauer zurückgenommen und einer werkstofflichen Verwertung zugeführt werden. Die Anbieter müssen sich überdies verpflichten, die „Guten Regeln“ für den Heißgetränke-Ausschank einzuhalten: Kundinnen und Kunden soll immer erst der Mehrwegbecher und Weiterhin müssen die Mehrwegbechersystem-Anbieter nachweisen, dass ihr Logistikkonzept zur ökologischen Optimierung von Transportwegen und von Transportfahrzeugen beiträgt. Die Vergabekriterien beinhalten die Anhänge A-C:
https://produktinfo.blauer-engel.de/uploads/criteriafile/de/DE-UZ%20210-201901-de%20Kriterien.pdf
Zusammenfassend ist nach Auswertung der Veröffentlichungen festzustellen, dass Angebote zur (Wieder-)Befüllung mitgebrachter, kundeneigener Mehrwegbecher mit Heißgetränken zur Mitnahme („Coffee to go“) in Betriebsstätten der Gastronomie, Systemgastronomie, Gemeinschaftsverpflegung und im Einzelhandel grundsätzlich möglich sind. Die dargestellten Parameter müssen dabei sichergestellt sein.
Anlage/n: Antrag MERKBLATT „Coffee to go“-Becher des BLL
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