Vorlage - 0156/2021  

 
 
Betreff: SGB VIII Reform: Überblick über das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG)
Status:öffentlich  
Federführend:Amt für Jugend, Bildung und Sport Bearbeiter/-in: Frank, Barbara
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss
26.08.2021 
Sitzung des Jugendhilfeausschusses (offen)   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Finanzielle Auswirkungen
Anlagen:
DIJuF-Synopse KJSG (Stand 10.6.2021)  

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss nimmt den Sachstandsbericht zur Kenntnis.

 

 


Sachverhalt:

Am 7. Mai 2021 stimmte der Bundesrat dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) zu und beseitigte damit die letzte Hürde für sein Inkrafttreten. Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. 2021 I, 1444) und ist damit am 10.6.2021 in Kraft getreten. Ausgenommen davon sind die Regelungen der zweiten Stufe (zum Verfahrenslotsen) und dritten Stufe (zur Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe) der „Inklusiven Lösung“.

 

Ziel des Gesetzes ist es, mit einer modernen Kinder- und Jugendhilfe insbesondere diejenigen Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen zu stärken, die besonderen Unterstützungsbedarf haben. Das neue KJSG steht für Verbesserungen vor allem für diejenigen jungen Menschen, die

-          benachteiligt sind

-          unter belastenden Lebensbedingungen aufwachsen oder

-          Gefahr laufen, von der sozialen Teilhabe abgehängt zu werden.

 

Die zentralen Änderungen der fünf Schwerpunktthemen des KJSG werden im Folgenden überblicksartig vorgestellt, es handelt sich um die Bereiche:

 

  1. Verbesserter Kinder- und Jugendschutz
  2. Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen
  3. Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung
  4. Prävention vor Ort
  5. Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien

 

Im Einzelnen stellen sich die Änderungen wie folgt dar:

 

  1. Verbesserter Kinder- und Jugendschutz

 

Zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und Auslandsmaßnahmen sollen insbesondere Aufsicht und Kontrolle verbessert werden. Bei Pflegeverhältnissen müssen sog. Schutzkonzepte angewandt werden.

 

Darüber hinaus soll die Verantwortungsgemeinschaft für einen wirksamen Kinderschutz gestärkt werden, was dadurch gelingen soll, dass die Kooperation der Kinder- und Jugendhilfe mit anderen wichtigen Akteuren im Kinderschutz (u.a. Gesundheitswesen, Strafverfolgungsbehörden, Familiengerichten, Jugendstrafjustiz) deutlich verbessert werden soll.

 

Nicht zuletzt sollen Fachkräfte (z.B. Ärztinnen und Ärzte oder Lehrerinnen und Lehrer), die das Jugendamt über gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung informieren, künftig verbindlich eine Rückmeldung erhalten.

 

  1. Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen

 

Mit dem Ziel, Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe dahingehend zu stärken, für sich und ihr Leben Verantwortung zu übernehmen, soll die Höhe der Kostenbeiträge von jungen Menschen deutlich reduziert werden.

 

Außerdem sollen Eltern, deren Kinder außerhalb der eigenen Familie untergebracht sind, künftig unabhängig von der Personensorge einen Rechtsanspruch auf Beratung, Unterstützung und Förderung ihrer Beziehung zum Kind erhalten.

 

Die bisherige Befugnis des Familiengerichts, den Verbleib eines Kindes in seiner Pflegefamilie als vorübergehende Maßnahme anzuordnen, wird nunmehr ergänzt durch die Option einer entsprechend dauerhaften Maßnahme, sofern dies zum Schutz des Kindes notwendig ist.

 

  1. Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung („Inklusive Lösung“)

 

Im Fokus der Reform steht die Schaffung einer Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen unabhängig davon, ob eine Behinderung vorliegt, sie von Behinderung bedroht sind, oder nicht. Für Kinder und Jugendliche mit Behinderung sowie ihre Eltern wird es deutlich leichter, ihre Rechte zu verwirklichen und die ihnen zustehenden Leistungen zu erhalten. Dies wird künftig vor allem dadurch erreicht, dass

-          die Inklusion als Leitgedanke in der Kinder- und Jugendhilfe verankert wird,

-          Kinder mit und ohne Behinderung grundsätzlich gemeinsam in Kindertageseinrichtungen betreut werden

-          beteiligte Leistungsträger enger und verbindlicher zusammenarbeiten müssen

-          betroffene Kinder, Jugendliche und ihre Eltern verbindlicher beraten werden bzgl. ihrer Leistungen, der Zuständigkeiten sowie Leistungen anderer Systeme

-          ab 2024 ein sog. Verfahrenslotse, der die Eltern durch das Verfahren begleitet, der als verlässliche Ansprechperson die Eltern unterstützt (Zweite Stufe); zudem soll durch diese Person auch der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Zusammenführung der Zuständigkeiten unterstützt werden

-          bereits jetzt die Weichen gestellt werden, dass die Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen mit und ohne Behinderung zuständig wird, sofern dies bis 2027 durch ein Bundesgesetz im Einzelnen geregelt wird (Dritte Stufe)

 

  1. Prävention vor Ort

 

Das KJSG macht die Stärkung eines möglichst niedrigschwelligen Zuganges zu Hilfen zu einem zentralen Ziel der Reform. Insbesondere für Familien mit besonderen Belastungen ist eine erfolgreiche Prävention der Schlüssel für ein gelingendes Aufwachsen in der Familie. Um diesem Gedanken Rechnung zu tragen, sollen Familien, Kinder und Jugendliche künftig leichter und schneller ortsnahe Hilfe bekommen. Aus diesem Grund können sie sich an eine Erziehungsberatungsstelle in ihrer Nähe wenden und dort unbürokratisch eine Hilfe zur Bewältigung ihres Alltags erhalten.

 

  1. Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien

 

nftig sollen Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien nicht nur mehr Gehör erhalten, sie sollen auch darin unterstützt werden, ihre Rechte wahrzunehmen. Hierzu sieht das KJSG bspw. die Verankerung von Ombudsstellen als externe und unabhängige Anlaufstellen für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern vor. Außerdem sollen Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen und Pflegefamilien erweitert bzw. verbessert werden.

Insgesamt stärkt die Reform die organisierten Formen der Selbstvertretung. Zudem erhalten Kinder und Jugendliche nun auch einen eigenen uneingeschränkten Beratungsanspruch ohne ihre Eltern.

 

 

Das SGB VIII erfährt mit dem KJSG eine umfassende Reform, die große Schritte in Angriff nimmt und einer zeitgemäßen Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe dient. Nun folgt der Prozess der Umsetzung in die Praxis, der von allen beteiligten Akteuren aktiv gestaltet werden muss. Die Umsetzung bleibt dabei eine große Gestaltungsaufgabe für die nächsten Jahre, wobei sich diese insbesondere angesichts der vergleichsweise offenen Regelungen sehr anspruchsvoll gestalten dürfte und begleitender Beratungs- und Fortbildungsprozesse bedarf. In der Reform liegen dabei zweifelsohne viele Möglichkeiten für die örtliche Praxis, die sich allerdings nur dann realisieren lassen, wenn genügend gut ausgebildetes Personal mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet wird, um für eine qualitätsvolle Umsetzung zu sorgen.

Um den Umsetzungsprozess der SGB VIII Reform von Beginn an gut zu gestalten werden die Kernprozesse und Verfahrensabläufe im Allgemeinen Sozialen Dienst an die sich durch das KJSG ergebenden Veränderungen angepasst. Im Hinblick auf die Regelungen der zweiten und dritten Stufe werden perspektivisch zusätzliche Ressourcen für die Organisation des Jugendamtes erforderlich.

Die Jugendämter des RBK planen bereits eine Fachveranstaltung zum Umsetzungsprozess des KJSG für Verwaltungskräfte, Träger und politische Entscheider.

 

 

 

(in Anlehnung an die Darstellung des DIJuF:

https://www.dijuf.de/files/downloads/2021/Beckmann_Lohse_%C3%9Cberblick_SGB%20VIII-Reform_KJSG_Aktualisierung%20von%20JAmt%202021_178.pdf, Abruf: 22.07.2021, den Artikel „Bundesrat stimmt zu: Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz KJSG)“, Dialog Erziehungshilfe, 2-2021, S. 20f. sowie den Artikel „Erziehungshilfe in der Diskussion“ von Birgit Zeller, in: Dialog Erziehungshilfe, 2-2021, S. 22-26)


 


 


Anlage/n:
 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 DIJuF-Synopse KJSG (Stand 10.6.2021) (434 KB)      

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Ja

X

Nein

Finanzielle Absicherung der Ausgaben bei:

 

Gesamtkosten der Maßnahme (Beschaffungs-/ Herstellungskosten einschl. MWSt.)

Zur Verfügung stehende Mittel: Ansatz, Ausgaberest

Verpflichtungsermächtigung

EUR

EUR

EUR

hrliche zusätzliche Folgekosten:

EUR

 

Keine

Der Betrag steht haushaltsmäßig in voller Höhe zur Verfügung: (bei Nein: Stellungnahme der Kämmerei erforderlich)

 

 

Ja

 

Nein

Auswirkungen auf das Haushaltssicherungskonzept: (bei Ja: Stellungnahme der Kämmerei erforderlich)

 

 

Ja

 

Nein

Wenn Ja, welche: