Beschluss: Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
Sachverhalt:
Fachkräftemangel in der Kindertagesbetreuung
Die Landesjugendämter zeigen in dem im Anhang angefügten Positionspapier den wachsenden Bedarf an Fachkräften für verschiedene Felder der Kinder- und Jugendhilfe anhand von Daten der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) sowie auf Grundlage der Daten des Fachkräftebarometers Frühe Bildung prägnant auf. Der Fachkräftemangel war auch Gegenstand der Diskussion beim StGB, wo auch die schwierige Situation in den Einrichtungen der Kindertagesbetreuung betont worden ist. Eine Abstimmung mit den beiden anderen kommunalen Spitzenverbänden aus NRW hat ergeben, dass die meisten Kommunen aus NRW betroffen sind.
Der bundesweite Mangel an Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen ist inzwischen auch in den Wermelskirchener Kitas zu spüren. Unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen zur Folge ist mit einem bundesweiten Mangel von mindestens 300.000 Kräfte zu rechnen. Laut Fachkräftebarometer werden bis 2030 "in den westdeutschen Kindertageseinrichtungen bis zu 252.000 Personen benötigt, um zum einen ein bedarfsdeckendes Angebot zu sichern und zum anderen personelle Ausstiege zu kompensieren (Deutsches Jugendinstitut 2021). Wesentliche Gründe für diese Entwicklung sind:
" der nach wie vor bestehende Ausbaubedarf, in dessen Folge zusätzliche Kräfte benötigt werden, " die inzwischen hohe Teilzeitquote, wodurch der Bedarf an mehr qualifizierte Kräften zur Deckung der vorhandenen Stellenkontingente steigt, " die dem Bedarf nicht ausreichend mitgewachsenen Ausbildungskapazitäten an den bestehenden Ausbildungsstätten.
Die vielfältigen Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren in Wermelskirchen umgesetzt wurden, wie z.B. Ausweitung der Ausbildungskapazitäten, berufsbegleitende Qualifikationen etc. sind nicht mehr ausreichend, sodass weitere Maßnahmen durch Kommunen und Land dringend erforderlich sind. Die Verwaltung hat in den vergangenen Jahren bereits diverse Maßnahmen umgesetzt, die als wesentliche Faktoren für die Personalgewinnung anzusehen sind. Vorrangig zu nennen sind hier: Übernahmegarantie für Ausbildungskräfte gem. § 16a TVAöD, unbefristete Arbeitsverträge, Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, Arbeitsschutzmaßnahmen, Angebot an Teilzeitkräfte Stundenanteile (auch temporär) zu erhöhen, Durchführung von innovativen, zielgruppenorientierten Bewerberkampagnen, Erhöhung der Anzahl von Stellen im Bundesfreiwilligendienst als eine Art "Schnupperangebot" und Erhöhung der Anzahl der PIA-Ausbildungsplätzen. Darüber hinaus können aber weitere Maßnahmen geprüft werden. Festzuhalten ist jedoch, dass Personalgewinnungsmaßnahmen immer schwieriger werden, da dem Grunde nach alle Kommunen einen sehr hohen Personalbedarf haben. Neben der Personalgewinnung ist für die Verwaltung die Personalbindung von besonderer Bedeutung. Die beschriebenen Maßnahmen, gerade in Bezug auf Qualifikationsmöglichkeiten, Aufstiegschancen, Arbeitsplatzgestaltung (Stichwort Arbeitsschutz) sowie die Vereinbarung individueller Arbeitsbedingungen z.B. nach der Rückkehr aus der Elternzeit ohne andere Mitarbeitende zu überlasten sind hier hervorzuheben. In Zusammenarbeit mit dem Berufskolleg Bergisch Land wurde eine zusätzliche Klasse "Praxisintegrierte Ausbildung zur Erzieherin zum Erzieher (PIA)" eingerichtet, welche je ein Mitarbeitender aus der Kita Forstring und der Kita Danzigerstraße besuchen. Die Rückmeldungen aus den Einrichtungen sind durchweg positiv. Die Ausbildung der PIA Praktikanten verläuft insgesamt erfolgreich. Die Praktikanten sind gut in den Alltag der Kita integriert sind und die Kooperation der Kita mit der Schule funktioniert ebenfalls gut. Im nächsten Kitajahr wird ein neuer PIA Ausbildungsplatz in einer kommunalen Kita vergeben. Da sich der Ausbildungsgang großer Nachfrage erfreut, liegen dem Personalamt bereits Bewerbungen hierfür vor. Alle weiteren sieben PIA-Ausbildungsplätze sind aktuell belegt und die Praktikanten befinden sich im ersten oder zweiten Ausbildungsjahr in den kommunalen Einrichtungen. Die Ausweitung der schulischen Ausbildungsplätze bedeutet aber auch, dass in der gleichen Größenordnung Praktikumsplätze inkl. Anleitungskapazitäten in der Praxis zur Verfügung gestellt werden. Aus Sicht der Verwaltung sollte hier das Land entsprechende Anreizsysteme für die Träger schaffen. Ausbildung und Anleitung in der Praxis bedeutet auch eine Zusatzaufgabe für die vorhandenen Kräfte. Hier muss für die ausbildenden Kitas eine Entlastung geschaffen werden. Die Vergütung der PIA Auszubildenden ist tariflich geregelt und liegt im ersten Ausbildungsjahr bei rd. 1190,00 Euro und ist damit für die Auszubildenden bzw. Studierenden sehr attraktiv. Die Nachfrage nach Plätzen für die PIA Ausbildung ist massiv gestiegen, was sich auch daran ablesen lässt, dass in den acht städtischen Kitas sieben PIA Auszubildende und eine Praktikantin im Anerkennungsjahr tätig sind. Die Erfahrungen der Praxisintegrierten Ausbildungen zeigen, dass diese Form der Ausbildung, also der ständige Wechsel zwischen Schule und Praxis, für die Auszubildenden sehr anspruchsvoll und herausfordernd ist. Das Programm der Alltagshelferinnen bzw. Alltagshelfer, welches vom Land bis zum 31.12.2022 erneut verlängert worden ist, stellt einerseits eine sehr kurzfristige Entlastung der Fachkräfte in den Kitas und andererseits ein Potential zur Gewinnung von Ausbildungskräften dar. Die Verwaltung hat Alltaghelferinnen, nach vorheriger Interessenbekundung die Teilnahme an der "Qualifizierungsmaßnahme Kita-Assistenz" ermöglicht. Die Qualifizierungsmaßnahme umfasst einen Umfang von 160 Stunden (Praxis) sowie theoretische Module über ein Online Angebot (18 Termine) inkl. zwei Präsenztage (EHK) des DRK. Dieses Angebot haben 3 Beschäftigte in Anspruch genommen mit einem Stellenumfang von 4 halben Stellen. Sie unterstützen und entlasten die pädagogischen Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen. Die Verwaltung unterstützt die Möglichkeit eines erweiterten Quereinstiegs. Voraussetzung hier ist aber auch, dass dies mit einer Qualitätssicherung, also hinreichenden Qualifizierungsmaßnahmen, verbunden ist. Qualitätseinbußen in der frühkindlichen Bildung sind aus Sicht der Verwaltung nicht akzeptabel. Insofern muss es Kernaufgabe sein, die "unmittelbare Erhöhung der Ausbildungskapazitäten auf Fachschul- als auch Hochschulniveau" sowie die "Ausbildung des erforderlichen Lehrpersonals…" (vgl. Positionspapier des LVR, Seite 4). Als Anlage wird das Positionspapier zum Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe des Landschaftsverbandes Rheinland von April 2022, sowie das Konzeptpapier der LAGÖF als Diskussionsgrundlage für die Fachkräfteproblematik in der Kindertagesbetreuung, das im Kern von der Verwaltung unterstützt wird, zur Verfügung gestellt. Alle Kita-Träger stehen vor dem Problem des Fachkräftemangels, was in der finalen Konsequenz dazu führen kann, dass der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz (teilweise) nicht mehr vollständig erfüllt werden kann. In den Kindertageseinrichtungen kann es beispielsweise im laufenden Kitajahr dazu führen, dass Öffnungszeiten reduziert und ggfs. Betreuungsangebote temporär komplett eingestellt werden müssen. Entsprechende Schreiben aus der Trägerschaft bzw. Beschwerden von Eltern liegen dem Jugendamt vor. Ebenso bekannt ist aber auch, dass in umliegenden Kommunen einzelne Kitas vorhandene Kapazitäten nicht vollumfänglich nutzen können. Beispielsweise werden in einer dreigruppigen Kita nur 2 Gruppen angeboten. Zudem haben einige Träger bereits angekündigt, aufgrund des Personalmangels keine zusätzlichen neuen Häuser in die Trägerschaft übernehmen zu können. Grundsätzlich gilt, dass freie und kommunale Träger die gleichen Rahmenbedingungen zu erfüllen haben. Die Möglichkeiten, die sich aus der Personalverordnung (regelt das in Kitas einzusetzende Personal) ergeben, wenden alle Träger an. Anlage/n:
Fachkräftemangel in der Kindertagesbetreuung – Papier der kommunalen Spitzenverbände Positionspapier zum Fachkräftemangel - LVR
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