Vorlage - 0092/2025  

 
 
Betreff: Doppelhaushalt 2024/2025
hier: Beschluss eines Verlustvortrages für das Finanzplanungsjahr 2028
Status:öffentlich  
Federführend:Kämmerei Bearbeiter/-in: Irlenbusch, Dirk
Beratungsfolge:
Haupt- und Finanzausschuss Vorberatung
16.06.2025 
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses      
Rat der Stadt Entscheidung
07.07.2025 
Sitzung des Rates der Stadt      

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Finanzielle Auswirkungen
Anlagen:
Anlage 1 - Entwicklung der Ausgleichs- und Allgemeinen Rücklage  

Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt folgenden Beschluss zu fassen:

 

 

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis und beschließt einen Verlustvortrag in Anwendung des § 79 Abs.3 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung - nach Abzug des eingeplanten globalen Minderaufwandes - für das Haushaltsjahr 2028 i.H.v. 8.457.787 € zulasten des Jahres 2031.

 

 


Sachverhalt:

 

I. Ausgangslage:

 

Der Rat der Stadt hat am 01.07.2024 den Doppelhaushalt für 2024/2025 beschlossen. Für das Finanzplanungsjahr 2028 wurde dort bereits ein Defizit von rd. 5,4 Mio. € ausgewiesen. Um diesen Fehlbetrag ausgleichen zu können, mussten bereits mehr als 5 % der Allgemeinen Rücklage planerisch aufgelöst werden.

 

Bei einem Doppelhaushalt muss nach § 9 Abs. 2 der Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen (KomHVO NRW) eine Fortschreibung der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzrechnung erfolgen und diese vor Beginn des zweiten Haushaltsjahres zur Kenntnis vorgelegt werden.

 

Dies erfolgte in der Sitzung des Rates der Stadt am 09.12.2024 (Drucksache-Nr.: 0216/2024).

 

Insbesondere aufgrund der deutlichen Verschlechterung im Bereich der Hilfen zur Erziehung und der ab 2026 beschlossenen Erhöhung der Kreisumlage ergaben sich Mehrbelastungen in Höhe von 4 Mio. €r 2025 und ab 2026 jährlich in Höhe von 6 - 6,3 Mio. €. Zu den Auswirkungen dieser Verschlechterung wurde in der o.g. Drucksache folgendes ausgeführt:

 

Es ergeben sich im Finanzplanungszeitraum gegenüber der bisherigen Planung teils deutliche Verschlechterungen, die die negativen Ergebnisse noch verstärken. Dieses kann nur bedingt durch den Bestand der Ausgleichsrücklage gedeckt werden. Ab dem Jahr 2026 ist die Ausgleichsrücklage nach derzeitigem Stand aufgebraucht. Insofern müssen dann die Defizite durch die Allgemeine Rücklage gedeckt werden.

 

Die neuen Defizite und die Auflösung der Allgemeinen Rücklage stellen sich wie folgt dar:

 

2027  - 7.989.614 €   8,62 % Auflösung Allgemeine Rücklage

2028 - 8.457.787 €  9,99 % Auflösung Allgemeine Rücklage

 

Damit wäre die Aufstellung eines Haushaltsicherungskonzeptes (HSK) gem. § 76 Abs. 1 Nr. 2 GO NRW erforderlich, da in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren die Allgemeinde Rücklage um mehr als 5 % verringert wird.

 

Um aktuell ein HSK zu vermeiden, muss die Verringerung der Allgemeinen Rücklage in einem der beiden Jahre unter 5 % liegen. Dazu gibt es drei Lösungsmöglichkeiten:

 

  1. Erhöhung der Ausgleichsrücklage
  2. Beschluss über weitergehende Steuererhöhungen für das Jahr 2027
  3. Verlustvortrag gem. § 79 Abs. 3 GO NRW

 

 

1. Erhöhung der Ausgleichsrücklage

 

Gem. § 75 Abs. 3 GO NRW ist die Ausgleichsrücklage „in der Bilanz […] zusätzlich zur allgemeinen Rücklage als gesonderter Posten des Eigenkapitals anzusetzen. Jahresüberschüsse erhöhen, soweit sie nicht für den Haushaltsausgleich verwendet werden, die Ausgleichsrücklage.

 

Die Ausgleichsrücklage wurde im Rahmen des Beschlusses über den geprüften Jahresabschluss zum 31.12.2021 in Höhe von 9.948.478 € in der Sitzung des Rates am 09.12.2024 festgestellt. 

 

Im Rahmen der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2024/2025 wurde durch den damaligen Leiter der Finanzbuchhaltung eine Prognose des möglichen Jahresüberschusses 2022 vorgenommen und auf 3,5 Mio. € geschätzt. Für das Jahr 2023 wurde von einem ausgeglichenen Haushalt (weder Überschuss noch Fehlbetrag) ausgegangen.

 

Nach dieser Einschätzung stünden am 31.12.2022 13.448.478 € in der Ausgleichsrücklage zur Verfügung (siehe Anlage 1).

 

Wie in der o.g. Drucksache dargestellt, reicht die Ausgleichsrücklage aber aufgrund der Verschlechterungen in der Fortschreibung des Doppelhaushaltes nicht (mehr) aus.

 

Insofern ist eine deutliche Verbesserung der in den Jahresabschlüssen 2022 und 2023 festgestellten Jahresüberschüsse erforderlich. Diese müssen daher über den Prognosen für die Jahre 2022 oder 2023 liegen.

 

Mit einem um die Prognosen zusätzlich erhöhten Jahresüberschusses in Höhe von rd. 3,4 Mio. €r 2022 und 2023 würde die Entnahme aus der Allgemeinen Rücklage für das Jahr 2027 unter 5 % liegen. Damit lägen die Voraussetzungen für die Aufstellung eines HSK nicht mehr vor.

 

Im Dezember 2024 war daher das Ziel, die beiden Jahresabschlüsse 2022 und 2023 insoweit aufzustellen, dass belastbare Ergebnisse für die Fortschreibung der Ausgleichsrücklage zur Verfügung stehen.

 

Die Jahresabschlüsse 2022 und 2023 befinden sich aktuell in der Aufstellung. Allerdings sind derzeit nur rund 1,5 Vollzeitäquivalente (VZÄ) von 3,5 mit dem Aufgabenschwerpunkt Jahresabschluss besetzt. Diese zwei unbesetzten Vollzeitstellen sind - trotz wiederholter Ausschreibung - seit mindestens 9 Monaten vakant. Zudem bestanden in den letzten zwölf Monaten Stellenvakanzen in der gesamten Kämmerei in Höhe von rund 20 %, welche aufgrund weniger bis keiner Bewerbungen nur sehr langsam besetzt werden können.

 

Die Stelle des ehemaligen Leiters der Finanzbuchhaltung konnte nicht in gleicher Form nachbesetzt werden. Die Funktionen mussten daher aufgeteilt werden. Deshalb konnte die Aufgabe „Fachverantwortung Haushaltswesen“ mittlerweile von einer sehr guten, kämmereiinternen Kraft übernommen werden. Allerdings wechselte diese von einer ebenfalls für den Jahresabschluss relevanten Stelle innerhalb der Kämmerei, welche nunmehr wiederum vakant ist.

 

Die Belastungssituation für die Mitarbeitenden ist aus den genannten Gründen aktuell mehr als sehr hoch. Punktuelle Überlastungen können daher auch nicht mehr ausgeschlossen werden.

 

Parallel befindet sich die Kämmerei und die Verwaltung im Aufstellungsprozess des Haushaltes 2026.

 

Aktuell wird daher aus Sicht des Stadtkämmerers mit der Vorlage der Jahresabschlüsse 2022 und 2023 frühestens nach den Sommerferien 2025 gerechnet. Wie diese dann tatsächlich ausfallen, bleibt abzuwarten. Insbesondere die Fragen zur Isolierungspflicht von Aufwendungen oder niedrigeren Erträgen gemäß NKF-COVID-19-Ukraine-Isolierungsgesetz (NKF-CUIG NRW) ist dabei von großer Bedeutung. Hierzu erfolgt ein umfassender Austausch mit der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die den Jahresabschluss prüft.

 

Die Erhöhung der Ausgleichsrücklage kann daher aktuell die Pflicht zur Aufstellung eines HSKs nicht vermeiden.

 

 


2. Beschluss über weitergehende Steuererhöhungen für das Jahr 2027

 

Im Doppelhaushalt 2024/2025 wurde bereits für das Jahr 2026 eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer eingeplant.

 

Soll mit einer Steuererhöhung der fortgeschriebene Fehlbetrag für das Jahr 2027 ebenfalls um rd. 3,4 Mio. € gesenkt werden, um die Pflicht zur Aufstellung eines HSKs zu vermeiden, müssten die Grund- und Gewerbesteuer erneut um mehr als 7,0 % (bezogen auf die gesamten Steuererträge von 48.483.000 €) erhöht werden.

 

Der Beschluss dazu müsste im Rahmen dieser Sitzungsvorlage erfolgen.

 

 

3.Verlustvortrag gem. § 79 Abs. 3 GO NRW

 

Der Verlustvortrag ist ein finanzwirtschaftliches Instrument für Gemeinden, das mit dem 3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz eingeführt wurde. Er ermöglicht es, Jahresfehlbeträge aus einem Haushaltsjahr nicht sofort vollständig ausgleichen zu müssen, sondern diese in die folgenden Haushaltsjahre zu übertragen. Im Idealfall kann die Gemeinde diese Verluste dann mit zukünftigen Jahresüberschüssen verrechnen.

 

Gem. § 79 Abs. 3 GO NRW ist der Verlustvortrag nachrangig dem Einsatz des globalen Minderaufwandes (pauschale Kürzung der Aufwendungen um max. 2% der Summe der ordentlichen Aufwendungen) und bzw. oder der Verwendung der Ausgleichsrücklage gestellt.

 

Der Verlustvortrag dient dazu, kurzfristige Haushaltsdefizite zu überbrücken und die Handlungsfähigkeit der Gemeinde über einen überschaubaren Zeitraum zu erhalten. Sie müssen im Haushaltsplan transparent dargestellt werden und sind innerhalb von maximal 3 Jahre auszugleichen.

 

 

Warum sollte die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes durch den Verlustvortrag vermieden werden?

 

Der wesentliche Vorteil des Verlustvortrages ist die Vermeidung der Aufstellung eines HSK nach § 76 GO NRW. Ein HSK ist mit umfangreichen Auflagen verbunden und wird streng seitens der Aufsichtsbehörde kontrolliert.

 

Stattdessen erhält die Gemeinde die Zeit, ihre Finanzen planvoll und schrittweise zu konsolidieren. Zwar kann die Aufsichtsbehörde, der der Verlustvortrag nach dem Ratsbeschluss zur Genehmigung vorgelegt werden muss, nach § 84 Absatz 2 GO NRW die Gemeinde trotz allem zur Aufstellung eines solchen HSK verpflichten, wenn sie den Verlustvortrag wegen der „Gefährdung der stetigen Aufgabenerfüllung“ nicht genehmigt. Dies stellt allerdings einen Ausnahmetatbestand dar.

 

Bereits im Vorbericht zum Doppelhaushalt 2024/2025 (Seite 54) wurde auf das Risiko der Notwendigkeit eines HSKs im kommenden Haushalt 2026 hingewiesen. Gleichzeitig wurde in der Konsolidierung unter den dort skizzierten Voraussetzungen eine große Chance gesehen.

 

Mit dem Beschluss über einen Verlustvortrag für das Defizit 2028 besteht die Möglichkeit, die Chance einer Konsolidierung nutzen zu können. Allerdings bleibt dabei die zukünftige Haushaltsplanung abzuwarten.

 

 


II. Haushaltsplanaufstellung 2026

 

Aktuell erfassen die Fachämter der Stadtverwaltung die aus ihrer Sicht erforderlichen Haushaltsansätze für das Haushaltsjahr 2026 und die Finanzplanungsjahre 2027-2029.

 

Die Fachämter wurden darauf hingewiesen, dass die Stadt Wermelskirchen schon heute vor großen finanziellen Herausforderungen steht. Die Aufstellung eines sofortigen HSKs kann derzeit nur noch unter größter Anstrengung und Disziplin vermieden werden.

 

Vor diesem Hintergrund sollen die Haushaltsansätze so restriktiv wie möglich geplant werden.

 

Das bedeutet: notwendige Aufwandssteigerungen müssen grundsätzlich durch Kürzung von anderen Aufwandspositionen oder durch Ertragssteigerungen gedeckt werden.

 

Neue oder bereits schon geplante Investitionsmaßnahmen sind (ggfs. erneut) auf

 

- Notwendigkeit,

- Priorität,

- Wirtschaftlichkeit und

- Umsetzbarkeit

 

zu prüfen. Verantwortlich dafür ist die jeweilige Amtsleitung.

 

Die Einbringung des Haushaltsentwurfes ist aufgrund der anstehenden Kommunalwahl für Februar 2026 geplant. Für die anschließenden Haushaltsplanberatungen wird eine umfassende Konsolidierungsliste mit entsprechenden Maßnahmen vorlegt.

 

 

III. Konsolidierung(skonzept) als Chance

 

Wie bereits ausgeführt, war bereits bei der Einbringung des Doppelhaushaltes 2024/2025 das Risiko eines erforderlichen HSKs mehr als deutlich und wurde im Vorbericht durch den Stadtkämmerer dargestellt (Vorbericht Seiten 51 54, Schlussbetrachtungen) und ausgeführt:

 

Insofern ist die Konsolidierung für die kommenden Jahre alternativlos.

 

Allerdings kann die Konsolidierung des Haushaltes auch eine Chance für die Zukunft sein. Hierbei könnten folgende Punkte näher betrachtet werden:

 

  • Freiwillige Aufgaben nnten und müssten erhalten bleiben, insbesondere die Unterstützung für ehrenamtliches Engagement. Größere Investitionen bzw. größere, neue Zuschüsse müssen jedoch genau auf ihre Auswirkungen (Nutzen/Aufwand) betrachtet werden.

 

  • Die anstehenden Investitionen müssen im Rahmen der weiteren Bedarfsermittlungen und der Planungen auf rechtliche und technische Notwendigkeiten geprüft und ggfs. reduziert werden.

 

  • Alle speziellen Entgelte müssen ständig überprüft und im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten angepasst werden.

 

  • Nur eine Aufgabenkritik und eine Prozess-/Aufgabenoptimierung könnte eine Personalreduzierung möglich machen.

 

Bei allen Notwendigkeiten muss die dauerhafte, finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt unter Beachtung der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere aber der wirtschaftlichen Entwicklung vor Ort, im Fokus bleiben.

 

Gelingt dies nicht, drohen noch weitergehende Steuererhöhungen oder aber noch größere Einschnitte bei einem erneuten HSK. Dies muss unbedingt vermieden werden.

 

Nach den Sommerferien wird mit der Erstellung eines entsprechenden Konsolidierungskonzepts durch die Kämmerei begonnen. Hierbei werden zunächst die Beigeordneten und Amtsleitungen mit einbezogen, um damit eine breite Basis in der Verwaltung zu erhalten, aber auch, um auf den Erfahrungen aus dem letzten HSK aufzubauen.

 

Im Anschluss sollen der/die neue/r Bürgermeisterin/Bürgermeister, der neu gewählte Rat und die Bürgerinnen und Bürger in den Konsolidierungsprozess einbezogen werden.

 

Wichtig dabei ist insbesondere Transparenz:

 

Bei allen Vorschlägen - ob aus der Verwaltung, Politik, Bürgerschaft - müssen die Folgen und Auswirkungen deutlich gemacht werden.

 

Falls dennoch die Aufstellung eines HSKs im weiteren Verlauf erforderlich sein sollte, könnte die bis dahin geleistete Arbeit in einem Konsolidierungsprozess verwendet werden und ebenfalls sehr hilfreich für die Zukunft sein.

 

 

IV. Fazit:

 

Aus den genannten Gründen wird vorgeschlagen, den Beschluss zum Verlustvortrag für das Haushaltsjahr 2028 zu treffen, um die Chance der Konsolidierung nutzen zu können.

 


 


Anlage/n:

 

Anlage 1 Entwicklung der Ausgleichs- und Allgemeinen Rücklage
 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage 1 - Entwicklung der Ausgleichs- und Allgemeinen Rücklage (36 KB)      

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Ja

 

Nein

Finanzielle Absicherung der Ausgaben bei:

 

Gesamtkosten der Maßnahme (Beschaffungs-/ Herstellungskosten einschl. MWSt.)

Zur Verfügung stehende Mittel: Ansatz, Ausgaberest

Verpflichtungsermächtigung

    EUR

    EUR

    EUR

hrliche zusätzliche Folgekosten:

    EUR

 

Keine

Der Betrag steht haushaltsmäßig in voller Höhe zur Verfügung: (bei Nein: Stellungnahme der Kämmerei erforderlich)

 

 

Ja

 

Nein

Auswirkungen auf das Haushaltssicherungskonzept: (bei Ja: Stellungnahme der Kämmerei erforderlich)

 

 

Ja

 

Nein

Wenn Ja, welche: