Beschlussvorschlag: Der Rat der Stadt nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Gebührenhaushalt „Fäkalienabfuhr“ für das Jahr 2006 zur Kenntnis. Der Rat der Stadt beschließt a) die Fäkaliengebühren ab dem 01.01.2006 wie folgt: Sammelgruben (je cbm Frischwasser) 8,78 € (bisher 7,98 €) Kleinkläranlagen (je cbm abzufahrende Fäkalien) 58,87 € (unverändert) Sondereinsätze (je Stunde) 98,00 € (bisher 70,00 €) Kleineinleiterabgabe (je Einwohner) 23,00 € (unverändert) b) die 9. Nachtragssatzung zur Satzung der Stadt Wermelskirchen über die Entsorgung von Grundstücksentwässerungsanlagen vom 13.12.1995 in der vorgelegten Fassung. Ein Exemplar der 9. Nachtragssatzung ist dem Original der Niederschrift über die Sitzung des Rates als Anlage beizufügen. Sachverhalt: Der Städtische Abwasserbetrieb legt mit dieser Sitzungsvorlage die Gebührenkalkulation für das Haushaltsjahr 2006 für den Gebührenhaushalt "Fäkalienabfuhr/-behandlung" vor. Rechtsgrundlagen für die Berechnung der Gebühren bilden das Kommunalabgabengesetz (KAG NW), das Abwasserabgabengesetz (AbwAG NW), das Landeswassergesetz (LWG NW), das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) sowie die Satzung der Stadt Wermelskirchen über die Entsorgung von Grundstücksentwässerungsanlagen. Die Kostenrechnende Einrichtung soll gem. den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen ausgeglichen gestaltet sein. Im Rahmen der Fäkalienabfuhr/-behandlung werden u. a. folgende Leistungen über die Benutzungsgebühren abgegolten: · Leerung der Grundstücksentwässerungsanlagen, · Transport der Grubeninhalte zu einer zugelassenen Entsorgungseinrichtung, · Behandlung der Fäkalien in einer Kläranlage (Umlage Wupperverband), · Entrichtung Abwasserabgabe an das Land. Der Gebührenhaushalt kann in der Kalkulation für das Haushaltsjahr 2006 nicht ausgeglichen gestaltet werden. Die Gebühr für die Kleinkläranlagen kann gegenüber dem Vorjahr unverändert bei 58,87 € beibehalten werden. Bei den Sammelgruben könnte der Ausgleich infolge der stark gestiegenen Unternehmerkosten nur durch eine Gebührenerhöhung auf 11,78 € erreicht werden. Diese Gebühr kann den Gebührenzahlern jedoch nicht zugemutet werden. Der folgende Vergleich zeigt die jährlichen Belastungen einer vierköpfigen Familie mit einem durchschnittlichen Frischwasserverbrauch von 40 cbm/Person/Jahr auf:
Deshalb schlägt die Verwaltung vor, die Gebühr für die Sammelgruben um 10 % auf 8,78 € zu erhöhen. Dies hat bei einem kalkulierten Frischwasserverbrauch von 37.000 cbm eine Unterdeckung in Höhe von rund 111.000 € zur Folge, die jedoch durch die hohe Eigenkapitalquote des Abwasserbetriebes gedeckt werden kann. Die Gebühren ändern sich gegenüber den Gebühren des Vorjahres wie folgt:
Entsprechend dem Kommunalabgabengesetz sind Kostenüber- bzw. Kostenunterdeckungen innerhalb von 3 Jahren auszugleichen. Für die Ermittlung des Überschusses/Fehlbetrages ist auf das betriebswirtschaftliche Ergebnis abzustellen. Die Stadt Wermelskirchen führt einen Nachweis der vorzutragenden Überschüsse/Defizite. Der Bestand des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses für die Kostenstelle „Kleinkläranlagen“ hat sich in den letzten 5 Jahren wie folgt entwickelt: Bestand Euro
31.12.2000 - 8.490 31.12.2001 - 84.046 31.12.2002 8.567 31.12.2003 60.575 31.12.2004 51.498 Entsprechend den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes ist der Überschuss des Jahres 2003 von 52.008,08 € spätestens in der Kalkulation 2006 und das Defizit des Jahres 2004 in Höhe von 9.077,31 € spätestens in der Kalkulation 2007 auszugleichen. Nach Verrechnung des Defizits 2004 mit den Überschüssen 2002 und 2003 verbleibt ein Überschuss von 51.498 €, der spätestens in der Kalkulation 2006 auszugleichen ist. In der Gebührenkalkulation 2005 wurde bereits ein Überschussvortrag von 25.000 € berücksichtigt. In der Gebührenkalkulation 2006 werden die verbleibenden 26.500 € berücksichtigt. Der Bestand des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses für die Kostenstelle „Feste Gruben“ hat sich in den letzten 5 Jahren wie folgt entwickelt: Bestand Euro
31.12.2001 (Verzicht auf Defizitvortrag) 18.816 0 31.12.2002 (Verzicht auf Defizitvortrag) 55.285 0 31.12.2003 - 52.397 31.12.2004 - 151.424 Nachdem in den Gebührenkalkulationen 2004 und 2005 auf Defizitvorträge aus den Jahren 2001 und 2003 verzichtet wurde, bestehen bis einschließlich 2005 keine Ausgleichsverpflichtungen. Entsprechend den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes ist das Defizit des Jahres 2003 von 52.396,95 € spätestens in der Kalkulation 2006 und das Defizit des Jahres 2004 in Höhe von 99.026,59 € spätestens in der Kalkulation 2007 auszugleichen. Die Werkleitung schlägt vor, wie bereits in der Gebührenkalkulation 2004 und 2005, auf den Defizitvortrag bei den „Festen Gruben“ zu verzichten. Die Berücksichtigung des Defizitvortrages in Höhe von 52.397 € würde eine zusätzliche Gebührenerhöhung bei den festen Gruben nach sich ziehen. Die Fäkaliengebühren für die festen Gruben sind in Wermelskirchen insbesondere im Vergleich zu den Abwassergebühren für Kleinkläranlagen und Kanalbenutzer unverhältnismäßig hoch. Die Gebühren stellen sich für einen 4-Personen-Haushalt ab dem Jahr 2006 wie folgt dar:
*) Quelle: Gutachten “Kosten für die Klärschlammabfuhr aus
Kleinkläranlagen und abflusslosen Gruben NRW”, Büro für ökologische Wasserwirtschaft Eine Gebührenerhöhung um mehr als 10 % ist für den Personenkreis der Inhaber von festen Gruben kaum mehr zumutbar. Der Verzicht auf den Defizitvortrag stellt eine Möglichkeit dar, die im Rahmen des Kommunalabgabengesetzes zulässig ist. § 6 Abs. 2 Satz 3 KAG besagt, dass Kostenüberdeckungen innerhalb von drei Jahren ausgeglichen werden müssen und Kostenunterdeckungen ausgeglichen werden sollen. Das OVG Münster hat sich in seinem Beschluss vom 30.11.2001 zu dieser Thematik wie folgt geäußert:“ Im Interesse der Gemeinden hat der Gesetzgeber nunmehr festgelegt, dass Fehlbeträge (Unterdeckungen) aus Vorjahren innerhalb von drei Jahren ausgeglichen werden dürfen (sollen), während andererseits im Interesse der Abgabenpflichtigen bestimmt ist, dass Überdeckungen aus Vorjahren nunmehr zwingend innerhalb von drei Jahren auszugleichen sind.” Den Gemeinden steht bei Unterdeckungen somit ein Ermessen zu, den Defizitausgleich innerhalb von drei Jahren vorzunehmen oder gänzlich auf ihn zu verzichten. In diesem Fall schlägt die Werkleitung vor, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, auf einen Defizitausgleich zu verzichten, da die Inhaber von festen Gruben im Vergleich zu den anderen Abwassergebühren ohnehin unverhältnismäßig stark belastet werden. Die Gesamtkosten des Gebührenhaushaltes 2006 steigen gegenüber der Kalkulation 2005 um 104,200 € (+ 21 %). Alle Ausgabe- und Einnahmepositionen der Kostenrechnenden Einrichtung wurden sorgfältig auf der Basis der Vorjahresergebnisse und der Entwicklung in 2005 geprüft und entsprechende Anpassungen wurden vorgenommen. Gegenüber der Gebührenkalkulation 2004 ergeben sich folgende wesentlichen Änderungen: ·
Die Unternehmerkosten steigen gegenüber
dem Vorjahr um 102.000 €. Der derzeitige Vertrag zur Entleerung, Abfuhr und
Entsorgung der Fäkalien aus Grundstückskläranlagen und Sammelgruben endet zum
31.12.2005. Während bei der letzten Ausschreibung eine solche gemeinsam mit den
Städten Remscheid und Wuppertal erfolgte, war dies bei der neuen Ausschreibung
nicht möglich. Die Leistungen wurden bereits erneut europaweit ausgeschrieben.
Die Submission fand am 15.08.2005 statt. Der günstigste Anbieter liegt bei 9,47
€ zuzüglich Mehrwertsteuer je cbm Abfuhrmenge. Dies bedeutet eine Steigerung um
2,51 € ohne Mehrwertsteuer (bislang 6,96 € je cbm). Bei einer kalkulierten Abfuhrmenge
von 32.000 cbm und unter Berücksichtigung der Sondereinsätze (rd. 10.000 €
brutto) ist ein Ansatz in Höhe von 362.000 € zu bilden. ·
Die Erstattungen an
den Städtischen Haushalt werden jährlich überprüft und angepasst. Durch die
Neuberechnung der Zeitanteile ergibt sich eine Reduzierung der Personal- und
Sachkostenerstattung von 10.800 €. ·
Die Verbandsumlage incl. Abwasserabgabe,
die an den Wupperverband zu zahlen ist, erhöht sich um 15.000 € auf insgesamt
195.000 €. Für die Vorausleistung 2006 ist auf die tatsächlichen Einwohnerwerte
zum 30.06.2004, die dem Wupperverband vom Abwasserbetrieb gemeldet wurden,
abzustellen. Die Entwicklung durch Neuanschlüsse an den Kanal wird mit einer
Hochrechnung Rechnung getragen. Es wird von einer
durchschnittlichen Steigerung der Verbandsumlage einschl. Abwasserabgabe von
2,5 % ausgegangen, obwohl der Wirtschaftsplan des Wupperverbandes keine
Steigerung des gesamten Beitragsbedarfes vorsieht. Hintergrund sind nach
telefonischer Auskunft geänderte Verteilungsschlüssel aufgrund von
Einwohnerschwankungen. ·
Bei der Kostenstelle
„Kleinkläranlagen“ wurde ein verbleibender Überschussvortrag aus 2003 in Höhe
von 26.500 € berücksichtigt. Mit der Berücksichtigung des Überschussvortrags in
Höhe von 25.000 € in der Gebührenkalkulation 2005, ist die Rücklage nach dem
betriebswirtschaftlichen Ergebnis erschöpft und es verbleibt somit für die
Kalkulation 2007 kein weiterer Überschussvortrag aus Vorjahren. Die Kostenverteilung auf die Kostenstellen “Sammelgruben” und “Kleinkläranlagen” erfolgt teilweise direkt und teilweise nach Schlüsseln. Der Schlüssel für die Verteilung der Verwaltungs- und Sachkostenerstattung wird nach der Anzahl der Gruben gebildet. Die Verteilung der Personalkosten wurde im Rahmen der Kalkulation 2006 überprüft und angepasst. Da die Fäkalienabfuhrgebühren eine erhebliche finanzielle Belastung für die Inhaber von festen Gruben darstellen, wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach geprüft, ob es zulässig ist, die Kanalbenutzungsgebühren und die Fäkaliengebühren für feste Gruben in einer Gebührenberechnung zusammenzufassen. Mehrere Anfragen beim Städte- und Gemeindebund wurden abschlägig beurteilt. Im Rahmen der Einführung einer getrennten Niederschlagswassergebühr wurde ein Gutachten an Herrn Prof. Dr. Tillmann Cosack (FH Trier, Gebührenrecht) über die Zulässigkeit eines einheitlichen Gebührensatzes für die zentrale Abwasserbeseitigung und die dezentrale Abwasserbeseitigung über abflusslose Gruben in Auftrag gegeben. In seinem Gutachten kommt Prof. Dr. Tillmann Cosack zum Schluss, dass bei Vorliegen der drei folgenden Voraussetzungen eine Zusammenfassung möglich ist: 1. Grundsatz der Typengerechtigkeit Grundsätzlich stellt eine Einheitsgebühr für die zentrale Abwasserbeseitigung und die dezentrale Abwasserbeseitigung über abflusslose Gruben einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz) dar. Demnach darf Gleiches nicht willkürlich ungleich und Ungleiches nicht willkürlich gleich behandelt werden. Die Entsorgung des Abwassers über Kanäle einerseits und über Entsorgungsfahrzeuge andererseits verursacht einen deutlich unterschiedlichen Kostenaufwand. Sofern eine einheitliche Gebühr erhoben würde, werden ungleich gelagerte Sachverhalte ohne sachlichen Grund gleich behandelt .Im Gebührenrecht sind jedoch Durchbrechungen des Gleichheitsgrundsatzes zur Gewährleistung der Verwaltungspraktikabilität zulässig, wenn die Anzahl der betroffenen Fälle und deren Ausmaß geringfügig ist. Ein einheitlicher Gebührensatz wäre dann zulässig, wenn der Anteil der dezentral entsorgten Grundstücke weniger als 10 % der entsorgungspflichtigen Grundstücke beträgt. Die Anzahl der insgesamt entsorgungspflichtigen Grundstücke beträgt ca. 8.200, die der festen Gruben beträgt 291. Dies entspricht einem Prozentsatz von 3,5 %. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit ist somit eingehalten. 2. Grundsatz der Leistungsproportionalität Nach § 4 Absatz 2 KAG NW sind Gebühren Geldleistungen, die als Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen erhoben werden. Dementsprechend dürfen die Gebührenpflichtigen grundsätzlich nur mit Kosten belastet werden, die durch die Erbringung der konkret in Anspruch genommenen Leistung stehen. Nach dem OVG Münster kann jedoch der Grundsatz der Leistungsproportionalität dann vernachlässigt werden, wenn die Gebühren für die zentrale und dezentrale Abwasserbeseitigung bei getrennter Kostenrechnung einerseits und gemeinsamer Kostenrechnung andererseits nur unwesentlich voneinander abweichen. Als unwesentlich gilt eine Abweichung von bis zu 3 %. Aus der folgenden Vergleichsberechnung wird die prozentuale Abweichung ersichtlich:
Nach dieser Vergleichsberechung ist die prozentuale Abweichung von 8,7 % als nicht unwesentlich zu betrachten und der Grundsatz der Leistungsproportionalität wäre nicht gewahrt. 3. Weitergehende Anforderungen einer Einheitsgebühr Der zuständige Gebührensenat des OVG Münster hat allerdings in anderen Urteilen weitergehende Anforderungen gestellt. Der Senat hat stets gleichlautend die Auffassung vertreten, dass als dritte Vorraussetzung verwaltungspraktische Schwierigkeiten zu einer Einheitsgebühr bewogen haben. Die Stadt Wermelskirchen müsste plausibel die verwaltungspraktischen Schwierigkeiten erläutern. Dies dürfte aller Voraussicht nach mit argumentativen Schwierigkeiten verbunden sein. Als Fazit ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen einer Einheitsgebühr aufgrund der nicht gegebenen Leistungsproportionalität und den weitergehenden Anforderungen des OVG zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt sind. Aus diesen Gründen schlägt die Verwaltung vor, weiterhin die Fäkaliengebühren getrennt zu kalkulieren. Es sollte weiterhin Bemühen der Werkleitung und des Werksausschusses sein, unter Ausschöpfung aller Ermessensspielräume die Fäkaliengebühren für feste Gruben so gering wie möglich zu halten. Aufgrund des Ausschreibungsergebnisses der Fäkalienabfuhr muss auch der Gebührensatz für die Sondereinsätze von bisher 70 € auf 98 € erhöht werden. Die Berichte zur Betriebsabrechnung 2004 wurden dem Werksausschuss und den Fraktionen bereits zur Verfügung gestellt. Bezüglich der Erläuterungen zu den Abschlussergebnissen 2004 wird auf diese Berichte verwiesen. Anlage/n:
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