Vorlage - RAT/1592/2009  

 
 
Betreff: Ausschreibungsverfahren Loches-Platz;
Beanstandung des Beschlusses des Haupt- und Finanzausschusses hierzu vom 16.03.2009 durch den Bürgermeister
Status:öffentlich  
Federführend:Haupt- und Personalamt Bearbeiter/-in: Scholz, Jürgen
Beratungsfolge:
Haupt- und Finanzausschuss Entscheidung
18.05.2009 
Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt

Beschlussvorschlag:

Beschlussvorschlag:

 

Der Haupt- und Finanzausschuss hebt seinen Beschluss vom 16.03.2009 zum dortigen Tagesordnungspunkt 7 „Ausschreibungsverfahren Loches-Platz“ auf.             

Der Haupt- und Finanzausschuss beauftragt die Verwaltung, für die Durchführung der europaweiten Ausschreibung zur Entwicklung des Loches Platzes ein externes Beratungsbüro hinzuzuziehen. Dieses soll durch Preisanfragen im Rahmen einer Freihändigen Vergabe ermittelt werden.

Sachverhalt:

Sachverhalt:

 

Gemäß § 54 Abs. 2 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen hat der Bürgermeister den Beschluss des Rates bzw. i.V.m. § 54 Abs. 3 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen den Beschluss eines Ausschusses, dem eine Angelegenheit zur Entscheidung übertragen ist, zu beanstanden, wenn dieser das geltende Recht verletzt. Dem Bürgermeister steht kein Ermessen zu, wenn die Rechtsverletzung sich unmittelbar aus dem Beschluss ergibt, sondern er ist verpflichtet, diesen zu beanstanden.

 

In der Sitzung am 16.03.2009 hat der Haupt- und Finanzausschuss zu Tagesordnungspunkt 7 „Ausschreibungsverfahren Loches-Platz“ folgenden Beschluss gefasst:

 

„Der Haupt- und Finanzausschuss fasst mit 10 Stimmen (6 CDU, 4 SPD) gegen 7 Stimmen (2 Bürgerforum, 1 FDP, 1 Bündnis 90/Die Grünen, 1 WNK UWG, 1 UWG, 1 Bürgermeister) folgenden Beschluss:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, die Unterlagen für den Teilnahmewettbewerb mit dem anschließenden Verhandlungsverfahren hinsichtlich des Loches-Platzes zu erarbeiten. Dazu bedient sich die Verwaltung im Rahmen der Amtshilfe und der interkommunalen Zusammenarbeit des Zentralen Vergabeamtes der Stadt Köln.“

 

Dieser Beschluss verletzt das geltende Recht aus folgenden Gründen:

 

1.

§ 4 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen definiert als Amtshilfe „die von der in Anspruch genommenen Behörde geleistete ergänzende Hilfe“.

Diese Hilfestellung kann sich in vielfältigen Formen darstellen: Darunter fällt auch die Erteilung von Hinweisen und Ratschlägen aufgrund praktischer Erfahrung, auch Auskünfte mit rechtlichem Inhalt können grundsätzlich Amtshilfe sein.

 

Vgl. Bonk/Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 7. Auflage 08, § 4 Rz. 26

 

Von daher würde eine Tätigkeit des angegangenen Zentralen Vergabeamtes der Stadt Köln wie bspw. die Beratung bei Erstellung einer Wertungsmatrix, Prüfung der Informationsbroschüre für die Bieter usw. grundsätzlich unter den Begriff der Amtshilfe fallen.

 

2.

Ob aber tatsächlich die Amtshilfe zulässig ist, entscheidet sich nach den in § 5 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen aufgezählten Kriterien. Der Gesetzgeber hat hier angeordnet, dass eine Behörde nur unter bestimmten Voraussetzungen um Amtshilfe ersuchen „kann“. § 5 Verwaltungsverfahrensgesetz enthält also eine Zulässigkeitsvoraussetzung und Zulässigkeitsbegrenzung für Amtshilfeersuchen, so dass ohne Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen eine rechtmäßige Amtshilfe nicht in Betracht kommt.

 

Bonk/Schmitz; a.a.O., § 5 Rz. 5

 

Dieser Voraussetzungskatalog des § 5 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen ist unabdingbar. Dies bedeutet, dass die Behörden in einem nach dieser Bestimmung unzulässigen Fall die Amtshilfe nicht vereinbaren können.

 

Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 1. Auflage 06, § 5 Rz. 3

 

Der Katalog der (alternativen) Amtshilfevoraussetzungen sieht vor, dass ein Ersuchen um Amtshilfe nur dann zulässig ist, wenn die betroffene Behörde

-               aus rechtlichen Gründen die Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann (Nr.1),

-               aus tatsächlichen Gründen, insbesondere weil die zur Vornahme der Amtshandlung erforderlichen Dienstkräfte oder Einrichtungen fehlen, die Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann (Nr. 2),

-               zur Durchführung ihrer Aufgaben auf die Kenntnis von Tatsachen angewiesen ist, die ihr unbekannt sind und die sie selbst nicht ermitteln kann (Nr. 3),

-               zur Durchführung ihrer Aufgaben Urkunden oder sonstige Beweismittel benötigt, die sich im Besitz der ersuchten Behörde befinden (Nr. 4),

-               die Amtshandlung nur mit wesentlich größerem Aufwand vornehmen könnte als die ersuchte Behörde (Nr. 5).

 

3.

Bei Anwendung dieser einzelnen Voraussetzungstatbestände auf den vorliegenden Fall ergibt sich Folgendes:

 

a)

Rechtliche Gründe, aus denen die Stadt Wermelskirchen gehindert wäre, dieses Vergabeverfahren mit eigenen Kräften durchzuführen, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen erscheint schon fraglich, ob die Voraussetzung einer „Amtshandlung“ vorliegt. Bei rein internen Vorbereitungshandlungen, bspw. der Prüfung der Informationsbroschüre für die Bieter wird man schon nicht von einer „Amtshandlung“ sprechen können.

 

b)

Auch für tatsächliche Hinderungsgründe liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Stadt Wermelskirchen verfügt über die erforderlichen Dienstkräfte, um ein vergaberechtliches Verfahren betreuen zu können. Im Übrigen sind hier die Bedenken hinsichtlich des Vorliegens einer „Amtshandlung“ zu wiederholen.

 

c)

Die Berechtigung der Amtshilfe unter dem Gesichtspunkt einer nur beim Zentralen Vergabeamt der Stadt Köln vorhandenen Tatsachenkenntnis, über die die Stadt Wermelskirchen nicht verfügt, scheidet ersichtlich aus. Denn es geht vorwiegend um Hilfestellung des Zentralen Vergabeamtes der Stadt Köln zur rechtssicheren Gestaltung des Vergabeverfahrens; solche Rechtsauskünfte fallen von vornherein nicht unter die „Tatsachen“ im Sinne des § 5 I Nr. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen.

 

Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 08, § 5 Rz. 11

 

d)

Die Tatbestandsalternative, wonach sich Urkunden oder sonstige Beweismittel im Besitz der ersuchten Behörde befinden, ist hier ebenfalls nicht gegeben.

 

e)

Schließlich lässt sich auch nicht behaupten, dass die Betreuung des Vergabeverfahrens durch das Vergabeamt der Stadt Wermelskirchen einen wesentlich größeren Aufwand verursachen würde. Bei § 5 Abs. 1 Nr. 5 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen geht es um die Konstellation, dass eine Amtshilfe dann möglich sein soll, wenn anderenfalls der ersuchenden Behörde ein wesentlich höherer Sach- oder/und Personalkostenaufwand entstünde. Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Personalkosten auch bei einer Erledigung allein durch die Stadt Wermelskirchen entstehen, weil diese über ein Vergabeamt verfügt. Auch eine Ersparnis hinsichtlich der Sachkosten, würde das Zentrale Vergabeamt der Stadt Köln eingeschaltet, ist nicht erkennbar. Ferner ist auch für diese Voraussetzungsalternative darauf hinzuweisen, dass sie an eine „Amtshandlung“ anknüpft, deren Vorliegen hier bedenklich erscheint.

 

4.

Der Katalog der Voraussetzungen für die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Amtshilfe in § 5 I Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen ist nicht abschließend. Es ist aber davon auszugehen, dass diese gesetzlichen Tatbestände alle wesentlichen Gründe für eine Amtshilfe nennen und sonstige Gründe grundsätzlich von ähnlicher Gewichtigkeit sein müssen.

 

Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 5 Rz. 14

 

Im vorliegenden Fall käme nur der Gesichtspunkt in Betracht, dass die Stadt Wermelskirchen sich die größeren Erfahrungen der Stadt Köln zunutze machen möchte. Allein daraus kann sich aber keine Grundlage für die Berechtigung einer Amtshilfe ergeben. Denn sonst könnte dieses Rechtsinstitut uferlos ausgenutzt werden. Für einen Großteil der Aufgaben einer Behörde werden sich nämlich Bezugsfälle größerer Erfahrungen anderer Behörden finden lassen. Im Ergebnis würden dann große Behörden und deren entsprechend großen Behördeneinheiten ständigen Amtshilfeersuchen ausgesetzt sein, die sie zudem wegen der Regelung des § 8 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen dann auch noch kostenlos erledigen müssten. Dies alles entspräche nicht dem strengen Ausnahmecharakter, den der Gesetzgeber der Amtshilfe beimisst.

 

5.

Soweit in dem Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses neben der Amtshilfe von der „interkommunalen Zusammenarbeit“ die Rede ist, fehlt eine genauere Präzisierung. Es ist nicht klar, von welchem verwaltungsrechtlichen Instrumentarium hier Gebrauch gemacht werden soll (Öffentlich-rechtlicher Vertrag? Auftragsverhältnis?). Nimmt man den im Beschluss gebrauchten Begriff der interkommunalen Zusammenarbeit wörtlich, so wird er üblicherweise auf die Bestimmung des § 4 Abs. 8 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen bezogen.

 

Held/Winkel, Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 1. Aufl. 08, § 4 Anm. 7.1

 

Diese Regelung wiederum verweist auf das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit. Danach sind sog. öffentlich-rechtliche Vereinbarungen möglich. Eine solche Vereinbarung nach § 23 GkG Nordrhein-Westfalen verlangt aber eine komplette Aufgabenverlagerung einer kommunalen Aufgabe an eine andere Gemeinde. Im vorliegenden Fall will die Stadt Wermelskirchen sich der Aufgabe der Durchführung der Vergabeverfahren nicht entledigen.

 

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses vom 16.03.2009 zu Tagesordnungspunkt 7 „Ausschreibungsverfahren Loches-Platz“ das geltende Recht verletzt.

 

Entsprechend der Vorschrift des § 54 Abs. 2 i.V.m. § 54 Abs. 3 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen hatte der Bürgermeister diesen Beschluss daher zu beanstanden, was mit Schreiben vom 16.03.2009 an die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses geschehen ist.

 

Die Beanstandung hat entsprechend § 54 Abs. 2 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen aufschiebende Wirkung. Über diesen Beschluss ist in der nächsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses auf der Basis dieser Beanstandung und der dieser zugrunde liegenden schriftlichen Begründung erneut zu beraten.

Bleibt der Haupt- und Finanzausschuss bei seinem Beschluss, so hat gem. § 54 Abs. 3 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen der Rat der Stadt über die Angelegenheit zu beschließen. Bestätigt dieser den Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses, so hat der Bürgermeister unverzüglich die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen. Die aufschiebende Wirkung bleibt bestehen (§ 54 Abs. 2 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen).

 

Zunächst ist also eine erneute Beratung dieser Angelegenheit durch den Haupt- und Finanzausschuss erforderlich.

 

Dem Haupt- und Finanzausschuss wird unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen empfohlen, seinen vom Bürgermeister beanstandeten Beschluss vom 16.03.2009 zu Tagesordnungspunkt 7 „Ausschreibungsverfahren Loches-Platz“ aufzuheben.

 

Für diesen Fall schlägt der Bürgermeister dem Haupt- und Finanzausschuss als Beschlussvorschlag erneut die Beschlussvorlage RAT/1576/2009 zur Entscheidung vor.

Stammbaum:
RAT/1592/2009   Ausschreibungsverfahren Loches-Platz; Beanstandung des Beschlusses des Haupt- und Finanzausschusses hierzu vom 16.03.2009 durch den Bürgermeister   Haupt- und Personalamt   Beschlussvorlage öffentlich
RAT/1882/2010   Beteiligung der BEW (Bergische Energie- und Wasser-GmbH) an einer Gasvertriebsgesellschaft; Beanstandung des Beschlusses des Rates der Stadt hierzu vom 12.04.2010 durch den Bürgermeister   Haupt- und Personalamt   Beschlussvorlage öffentlich
RAT/2044/2011   Beteiligung der BEW (Bergische Energie- und Wasser-GmbH) an einer Gasvertriebsgesellschaft   Haupt- und Personalamt   Beschlussvorlage öffentlich